Seitdem Streamingdienste und soziale Medien zu unserem Leben gehören, ist Langeweile für die meisten von uns ein Fremdwort. Dabei gibt es genug Gründe, warum wir Lücken der Stille nicht digital füllen und uns stattdessen vielmehr dem großen Nichtstun hingeben sollten.

Einfach mal das Handy weglegen: Traut euch!

Warum Langeweile verdammt gut ist

„Mama mir ist so laaaaangweilig“ beschwert sich meine 5-jährige Tochter neuerdings vermehrt. „Gut so – sage ich. Langeweile ist wichtig!“ Und komm mir dabei ausgesprochen schäbig vor. Denn einerseits habe ich den Vorteil dieser Lektion (die ich aus diversen Ratschlagbüchern für Kinder aufgeschnappt habe) anhand der täglichen Newsflut vergessen. Und andererseits sollte ich mich bei dem Thema mal lieber selbst an der Nase nehmen. So bin ich doch die Erste, die zwischen Job, Kind und zahlreichen Alltags-To-Dos auch nur sanft aufkommende Langeweile sofort im Keim erstickt. Die zehn Sekunden Fahrten auf der Rolltreppe nutzt, um durch Insta zu scrollen. Oder die den Vorspann der Serie skippt, um in vermeintlich langweiligen Szenen Whatsapp-Nachtrichten zu beantworten. Nachdem ich von meinem Leben mit Dauerberieselung schon ziemlich genervt bin, will ich es in diesem Jahr anders machen. Ich will mir meinen eigenen Rat an meine Tochter zu Herzen nehmen und wieder mehr Zuflucht in der Langeweile suchen. Und hier sind die Gründe, warum ich euch rate dasselbe zu tun:

4 Gründe, warum wir uns mehr langweilen sollten

Beim nächsten Mal, wenn ihr bei einem kurzen Leerlauf zum Handy greift – tut es einfach nicht!

1. Es fördert Kreativität

War es einst die viel beschworene Taktik der Langeweile und des Müßiggangs, die Philosophen wie Platon und Aristoteles zu Höchstformen auflaufen ließ, ist diese im Zeitalter der Selbstoptimierung in Verruf geraten. Bei Kindern ist Langeweile eine wichtige Voraussetzung, um zu lernen, etwas mit sich selbst anzufangen und um kreativ zu werden. Es sind die Phasen von nicht durchgetakteter Freizeit und zweckfreiem Spielen, die wichtig für die Entwicklung der Kinder und deren Gehirne ist. Denn erst bei Langeweile kommt unser Gehirn zu dem Prozess des „Gedankenwanderns“.

Wenn sich die Gedanken, die uns beschäftigen, zurückziehen und an Dringlichkeit verlieren, wird auch bei Erwachsenen im Kopf Platz für neue Ideen geschaffen. Zahlreiche Studien belegen: durch aktives Nichtstun weist ein bestimmtes Netzwerk von Hirnregionen eine besonders hohe Aktivität auf. Ähnlich wie beim Schlafen soll unser Gehirn im Leerlauf-Modus Erlerntes abspeichern und Synapsen neu sortieren. Auszeiten, in denen unser Gehirn nicht gefordert wird und trotzdem aktiv ist, macht uns also insgesamt kreativer und leistungsfähiger und eröffnet vielleicht ganz neue Problemlösungsansätze.

2. Es motiviert uns

Das Smartphone wegzulegen und einfach mal nichts zu tun, kann richtig quälend sein. Wer heute mal einen Moment vor sich hinstarrt, gilt schnell mal als verhaltensauffällig. Aber nur durch Langeweile können wir lernen, unseren inneren Bedürfnissen zu folgen. Studien haben ergeben, dass Kinder viel besser lernen, wenn ihre Motivation nicht von außen, sondern von innen kommt. Indem sie gelernt haben, ihren eigenen Interessen zu folgen, fällt es ihnen einfacher, sich für Neues zu begeistern.

3. Es entschleunigt

Ein Gefühl der Langeweile entsteht erst, wenn Druck abfällt. Erst dann sind wir am Weg zur Entspannung. Nun bekommen wir die Möglichkeit mal richtig runterzukommen und die entstandene Leere mit etwas Neuem und Sinnhaftem zu füllen. Wer lernt, Langeweile auszuhalten, wird erkennen, dass dies auch ein Sortierprozess für Konzentration und Kreativität ist und uns ausgeglichener und zufriedener werden lässt.

4. Es fördert das Selbstbewusstsein

Hat ein Kind erstmal gemerkt, dass es sich auch mit sich selbst beschäftigen kann und nicht auf Andere angewiesen ist, steigert das ihr Selbstwertgefühl. Denn Langeweile kann sich ziemlich ungemütlich anfühlen. Sie bedeutet auch, dass wir Erwachsene lernen müssen, mit Frust umzugehen. Somit lernen wir gleichzeitig auch eine größere Frusttoleranz aufzubauen. Und dies hilft uns, ein positives Selbstkonzept zu schaffen. Wie ihr also seht: mit der richtigen Haltung kann Langeweile am Ende ganz herrlich wunderbar sein kann.