Habt ihr euch heute schon mal gefragt, wie andere euch finden? Zum Beispiel, ob euer Schwarm euch attraktiv findet? Oder ob die Kollegen euer nervöses Gestammel in der Sitzung wohl bemerkt haben? Viel zu oft quälen wir uns mit solchen selbstkritischen Fragen. Zu Unrecht wie die Wissenschaft behauptet. 

Denn andere Menschen beurteilen uns nämlich nicht annähernd so streng wie wir uns selbst.

Wir sind uns selbst gegenüber kritischer als andere

Wer sich nach einem Selfie Shooting unters Messer legen will, dem sei gesagt: Andere finden dich viel attraktiver als du dich selbst! Aber wie nehmen uns die anderen eigentlich wahr? Zum Glück liefert die Wissenschaft eine Antwort auf diese Frage. Nicholas Epley (Verhaltensforscher der University of Chicago) und Tal Eyal (Psychologin an der israelischen Ben-Gurion-Universität) haben eine Technik gefunden, die uns dabei hilft, uns so wahrzunehmen wie die anderen es tun. 

Wir selbst betrachten uns viel detaillierter als wir das bei anderen Menschen und deren Aussehen tun. Das liegt daran, dass wir viel mehr Informationen über uns selbst haben. Während wir bei anderen nur augenscheinliche Attribute wie Attraktivität, Style oder Manieren wahrnehmen, betrachten wir uns selbst durch die kritische Lupe. Wir wissen, wie unsere Haare gestern, vor einem Monat oder vor fünf Jahren ausgesehen haben, ob und an welchen Stellen wir zugelegt haben oder ob wir müde sind und auch danach ausschauen. 

„Wir sind Experten, wenn es um uns selbst geht, aber nicht, wenn es um andere geht. Das macht es für uns schwer zu verstehen, wie wir in den Augen der anderen aussehen“, so der Verhaltenspsychologe Nicholas Epley in der Washington Post.

Epley ist überzeugt, dass viele Fehler, die wir bei der Beurteilung von Menschen machen auf dieses Missverhältnis zurückzuführen sind. Also die Differenz zwischen unserer Detailgenauigkeit für uns selbst und der abstrakten Wahrnehmung für andere. 

Durch die Augen eines Fremden betrachten 

Wie also nehmen die anderen uns wahr? Dazu müssen wir uns durch die Augen eines Fremden betrachten. Der Trick liegt laut Experten darin uns von allem, was wir über uns wissen frei zu machen. Beim Versuch uns selbst durch fremde Augen zu betrachten kommt uns die Zeit entgegen. Im Laufe der Zeit schauen wir auf Vergangenes distanzierter zurück und können Dinge objektiver beurteilen.

So bewerten wir ein gestriges Video von uns viel härter als ein Video das vor Monaten oder Jahren von uns entstanden ist. Liegt aber ein größerer Zeitraum dazwischen, desto mehr beurteilen wir uns so wie Außenstehende dies tun würden.

Experiment mit Studenten

Im Rahmen ihrer Untersuchung ließen die Forscher Studenten für ein Foto posieren. Im Anschluss mussten sie von einer Skala von eins bis neun ihre Attraktivität vorhersagend beurteilen. Also so, wie sie vermuteten, dass ein anderer Student sie bewerten würde. Einigen Studenten wurde mitgeteilt, ihr Foto werde einen Tag später beurteilt, während andere die Info hatten, dass ihr Foto erst Monate später zur Bewertung herbeigezogen würde. Jene Studenten, denen mitgeteilt wurde, dass ihr Foto erst später beurteilt werde, konnten genauer voraussagen, wie andere Menschen ihre Attraktivität beurteilen würden. 

Ein ähnliches Experiment führten die Forscher mit öffentlichen Reden statt Videos durch. Die Studenten mussten sich zwei Minuten lang vorstellen und wieder bewerten. Und wieder konnten jene, denen mitgeteilt wurde ihre Leistung würde in ferner Zukunft analysiert werden, genauer vorhersagen wie sie von anderen bewertet würden. 

Das Fazit der Forscher lautet, dass wir uns nicht so große Sorgen um unser Auftreten machen sollen. Denn andere Leute beurteilen uns nicht annähernd so streng wie wir uns selbst. Also bevor wir einen Termin beim Beauty-Doc machen, lieber mal alte Videos von uns angucken.