US-Präsident Donald Trump will die konservative Amy Coney Barrett als Richterin im Obersten Gerichtshof einsetzen. Sie soll die verstorbene, feministische Richter-Ikone Ruth Bader Ginsburg ersetzen.

Die Bundesrichterin gilt als Abtreibungsgegnerin.

„People of Praise“ oder „Handmaid’s Tale“?

Sie werden eingesetzt, um Kinder zu gebären. Sie haben keine Rechte und dürfen nicht einmal lesen. Den Männern müssen sich gehorchen. Das ist die Beschreibung der Rolle von Frauen in der erfolgreichen Hulu-Serie „The Handmaid’s Tale“, die von einer dystopischen Gesellschaft handelt. Viele liberale Amerikaner sehen dieses fiktive Schreckensszenario nun aber Wirklichkeit werden. Grund ist die streng katholische und konservative Richterin Amy Coney Barrett. Die 48-jährige Richterin vertritt bei den umstrittenen Themen Waffenrecht, Einwanderungsrecht und Abtreibungsrecht streng konservative Ansichten. Wie die New York Times 2017 zudem berichtete, soll sie Mitglied einer kleinen, religiösen Organisation namens „People of Praise“ sein. Die Mitglieder schwören einander lebenslangen Gehorsam, sie leben entweder in Familien oder in Gruppen bestehend aus männlichen beziehungsweise weiblichen Singles. Manchmal lebt ein Single auch mit einer nicht mit ihm Verwandten Familie zusammen.

Jedes Mitglied hat zudem einen sogenannten „Head“, also einen Anführer. Der „Head“ von Ehefrauen ist ihr Mann. Sie schwören ihm Gehorsam. Single-Frauen werden einem sogenannten „Woman-Leader“, einer weiblichen Anführerin unterstellt. Das skurrile: Früher lautete die Bezeichnung für diesen Posten „Handmaid“, angelehnt an die biblische Maria, die Mutter von Jesus. Diesen Namen änderte die Gruppierung aber als das Buch „The Handmaid’s Tale“ von Margaret Atwood erschien, auf dem auch die gleichnamige Hulu-Serie basiert. Ob Amy Coney Barrett tatsächlich bei dieser obskuren Gruppierung Mitglied ist, bestätigte sie bisher noch nicht.

Donald Trump will Konservative als Ersatz für Ruth Bader Ginsburg

Bestätigt ist aber, dass sie Donald Trumps Favoritin für den frei gewordenen Sitz von Ruth Bader Ginsburg am Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof in den USA, ist. Er habe seine Entscheidung getroffen, so der US-Präsident. Trump würde damit jedenfalls wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl am 3. November den konservativen ein Geschenk machen. Das dürfte damit wichtige Wählergruppen mobilisieren. Die siebenfache Mutter, die unter anderem zwei adoptierte Kinder aus Haiti und einen Sohn mit dem Down-Syndrom hat, ist eine strikte Abtreibungsgegnerin. Sie steht im harten Kontrast zu ihrer Vorgängerin, der feministischen Richter-Ikone Ruth Bader Ginsurg. Die liberale Richterin und Kämpferin der Frauenrechtsbewegung starb am 18. September im Alter von 87 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sie setzte sich bis zu ihrem Tod für Frauenrechte ein.

Ihr Tod löste einen politischen Streit um ihre Nachfolge zwischen den beiden Großparteien der Demokraten und Republikaner aus. Da dieser vom Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt wird, könnten die Republikaner, denen auch US-Präsident Donald Trump angehört, die konservative Ausrichtung des Verfassungsgerichts auf Jahrzehnte zementieren. Ginsburg wurde 1993 vom demokratischen Präsidenten Bill Clinton an das mit Abstand wichtigste Gericht des Landes berufen. Sie war maßgeblich an Entscheidungen zu Fragen der Rechte von Frauen, Homosexuellen sowie dem Abtreibungsrecht beteiligt.

Ginsburgs letzte Bitte

Ginsburg selbst hatte einem Bericht des Senders NPR zufolge kurz vor ihrem Tod die Hoffnung geäußert, dass ihr Nachfolger erst nach der Wahl bestimmt werde. Wenige Tage vor ihrem Tod diktierte sie demnach ihrer Enkelin Clara Spera ihren „letzten Willen“: „Mein sehnlichster Wunsch ist, dass ich nicht ersetzt werde, bis ein neuer Präsident eingesetzt wurde.“ In dem neunköpfigen Richterkollegium am Supreme Court haben die konservativen Kräfte bereits ein Übergewicht, das bei Berufung eines konservativen Nachfolgers für Ginsburg nun weiter ausgebaut werden könnte.

Das Oberste Gericht hat in den USA oft das letzte Wort bei umstrittenen Grundsatzfragen zu Streitthemen wie Abtreibung, Einwanderung, Waffenrecht und Diskriminierung. Von den neun Richterinnen und Richtern des Supreme Courts werden nun übrigens noch drei klar dem liberalen Lager zugerechnet.