Immer wieder sorgen Scheidungen für Schlagzeilen, die kuriose Hintergründe haben. Von fehlendem Sex über eine angebliche Besessenheit durch Satan gibt es einige Scheidungsgründe, die uns zum Grübeln bringen. Wir haben bei einer Expertin nachgefragt: Kann man sich deshalb scheiden lassen?

Und einige kuriose Gründe würden auch in Österreich durchgehen.

Scheidung in Österreich: Was ist eigentlich eine Schuldzuweisung?

In Österreich hält eine Ehe durchschnittlich 10,6 Jahre (Stand 2022). Unter den Ehen, die geschieden wurden, waren 85,4 Prozent einvernehmlich. Beim Rest wurde ein sogenanntes Verschulden genannt. Darunter versteht man den Vorwurf, dass nicht beide Personen gleichmäßig für das Ende der Ehe verantwortlich sind, sondern hauptsächlich eine.

Laut Statistik Austria war das bei 14,6 Prozent der Scheidungen der Fall. Davon wurde in 44,1 Prozent der Fälle dem Mann das Verschulden zugeschrieben, bei 10,8 Prozent der Frau. Bei 31,7 Prozent kam man zu dem Ergebnis, dass doch beide Parteien verantwortlich waren – und in 13,5 Prozent war es keine:r von beiden. Und die Gründe, warum man jemandem die Schuld für die Scheidung zuschiebt, können ziemlich unterschiedlich sein.

Der Klassiker bei der Ehescheidung ist für Scheidungsanwältin Susanna Perl-Lippitsch auch heute noch „der Dritte im Bunde“ beziehungsweise der Ehebruch, erklärt sie. Die Rechtsanwältin für Familienrecht führt in Wien die Scheidungsboutique. Kürzlich gründete sie auch die Eheakademie 360, bei der sie Paaren vor der Eheschließung Infos zu ihren Rechten und Pflichten in der Ehe gibt um schon vorab Vieles abklären zu können.

Denn die Expertin weiß: Schuldzuweisung kommt bei Scheidungen immer wieder vor. Auch psychische oder körperliche Gewalt sowie Alkoholismus des Partners oder der Partnerin werden immer wieder genannt. Doch manchmal können die Vorwürfe auch ganz schön kurios werden. Wer online immer wieder durch solche Schlagzeilen scrollt weiß: Scheidungsgründe können auch richtig absurd klingen. So absurd, dass wir uns manchmal denken: das wäre bei uns doch niemals möglich! Wir haben der Scheidungsanwältin deshalb eine Auswahl an den kuriosesten Scheidungsgründen der Welt gezeigt und sie gefragt: Wäre das denn auch in Österreich eine legitime Schuldzuweisung?

Gossip als Scheidungsgrund?

Der Fall: 2012 reichte eine Frau in Nigeria die Scheidung von ihrem Ehemann ein, weil er schlichtweg zu viel redete. Nach sechs Jahren als Ehepaar reichte es der Frau, dass der Mann auch die größten Familiengeheimnisse einfach so ausplauderte. Die Ehe wurde aufgelöst.

Wäre das auch in Österreich eine triftige Schuldzuweisung?

Susanna Perl-Lippitsch: „Das wäre auch hier sicher eine Eheverfehlung denn das kann man unter die Treuepflichtverletzung stellen. Wenn ich zum Beispiel meinem Mann Geheimnisse anvertraue und er erzählt sie überall weiter, ist das sicher ein Vertrauensbruch in einer gewissen Form. Das kann ich mir durchaus vorstellen, dass man da eine Scheidungsklage darauf stützt. Das ist ja auch leicht beweisbar.“

Ehe-Aus durch fehlenden Sex?

Der Fall: In Australien endete eine Ehe schon nach 24 Stunden. Der Grund: weil die Frau in der Hochzeitsnacht zu erschöpft für Sex war, fordert der Mann direkt am Tag nach der Hochzeit schon wieder die Scheidung.

Wäre das auch in Österreich eine triftige Schuldzuweisung?

Susanna Perl-Lippitsch: „Grundlose Verweigerung von Geschlechtsverkehr ist sehr wohl eine Eheverfehlung. Aber in diesem konkreten Fall war die Frau so müde, da hatte sie kein Verschulden. Wenn sie heiraten und die Frau würde nie wieder mit ihm schlafen, weil sie sich denkt, sie ist jetzt verheiratet, dann wäre das sicher ein zulässiger Scheidungsgrund. Aber wenn ich müde oder krank bin, dann ist die Verweigerung nicht grundlos. Dieser Fall würde in Österreich nicht klappen.“

Der falsche Lieblingsfilm: Kann ich mich deshalb scheiden lassen?

Der Fall: Die Frage, welchen Film man am Abend ansehen will, kann bei Paaren schon einmal zu Streitigkeiten führen. Im Falle eines Paares aus Japan führte die Filmwahl sogar zur Scheidung. Denn dass ihr Mann den Disney-Film „Die Eiskönigin“ nicht mochte, war für eine Frau offenbar durch nichts wieder gut zu machen. Sie zog aus dem gemeinsamen Haus aus und machte sich Medienberichten zufolge Gedanken, ob denn eine Ehe noch Sinn ergibt.

Wäre das auch in Österreich eine triftige Schuldzuweisung?

Susanna Perl-Lippitsch: „Das wäre in Österreich sicher nicht als einziger Grund möglich. Vielleicht in Zusammenhang mit einem abwertenden Verhalten der Ehefrau gegenüber oder wenn die Frau nur mehr diesen Film gesehen hätte oder die Situation nur der Auslöser von einem großen Problem wäre. Aber nur weil jemand sagt, man mag einen Film nicht – das wäre zu weit hergeholt.“

Ist „Du stinkst“ ein Scheidungsgrund?

Der Fall: Nach zwei Monaten Ehe enthüllte ein Mann seiner Frau, dass er seit der Trauung nicht geduscht habe. Ein absolutes No-Go für die Frau. Sie reichte die Scheidung ein.

Wäre das auch in Österreich eine triftige Schuldzuweisung?

Susanna Perl-Lippitsch: „Das ist auf alle Fälle ein Grund. […] Alles, was den anderen beeinträchtigt und für die andere Person in der subjektiven Auffassung nicht auszuhalten ist, ist eine Eheverfehlung.“

Eine teuflische Zwickmühle

Der Fall: 2017 wurde einem Mann in Italien die Scheidung von seiner Frau gestattet, weil er angab, dass sie vom Teufel besessen sei. Die Frau hatte zuvor jahrelang „unerklärliches Verhalten“ gezeigt; Verhalten, das der Mann auf eine „dämonische Besessenheit“ zurückführte.

Wäre das auch in Österreich eine triftige Schuldzuweisung?

Susanna Perl-Lippitsch: „Dieser Fall geht bei uns sicher. Denn das äußert sich ja in merkwürdigen Verhaltensweisen oder einem gewissen Wahn. Und alles, was radikalisiert ist, ist sicher zulässig. Außer die Gegenseite sagt, dass die Ursache ein psychisches Problem wäre.“

Kann man sich aufgrund politischer Differenzen scheiden lassen?

Der Fall: Rund um die Präsidentschaft von Donald Trump wurde online immer wieder diskutiert, ob denn politische Differenzen eine Scheidung legitimieren würden. Das New York Magazine titelte 2018 etwa „Donald Trump zerstört meine Ehe“. Im Juli 2017 enthüllte das „People Magazin“ etwa, dass eine Trump-Supporterin sich nach zwei Jahren Ehe von ihrem Mann scheiden ließ, weil er Demokrat war.

Wäre das auch in Österreich eine triftige Schuldzuweisung?

Susanna Perl-Lippitsch: „Ich glaube hier kommt es auf das Ausmaß an, wie radikal oder vehement der andere seinen Standpunkt vertritt und die andere Meinung nicht gelten lässt. Das gab es zum Beispiel auch ein paar Mal mit der Impf-Diskussion [Anm. rund um die Corona-Impfung], da gab es ein paar Scheidungsverfahren. Alles, wo Ideologien vehement vertreten werden und dem anderen kein Raum gegeben wird, das kann eine Eheverfehlung werden. Dazu gehören auch politische Einstellungen. Aber nur weil jemand Donald Trump wählt, geht das noch nicht. Es geht mehr darum, wie Diskussionen darüber geführt werden und man auf die anderen Ansichten reagiert.“