Lernen und Arbeiten im Café ist nicht nur gemütlich, sondern hat auch viele Ablenkungen. Sei es People Watching, Social Media Pausen oder wichtige Online-Shopping-Zwischenfälle. Doch ein Café in Tokio will diesen Teufelskreis beenden. Denn hier gibt es nur ein Motto: Prokrastinieren gibt es nicht.

Hier wird jeder bei seiner Arbeit ganz genau beobachtet!

Anti-Prokrastination-Café in Japan

Wer kennt es nicht: Die To-do-Liste wird immer länger, die Deadlines rücken immer näher und alles, woran man denken kann, ist wie überfordert man nicht eigentlich ist. Doch während für viele von uns die Lösung für das Problem ist, sich auf die Couch zu werfen und so gut es geht zu versuchen, die Sorgen des Erwachsenwerdens einfach zu ignorieren, verfolgt das Manuscript Writing Café in Tokio eine deutlich produktivere Herangehensweise. Denn das Ziel des Anti-Prokrastinierer-Caf´es ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der wirklich jeder seine Arbeit erledigen kann.

Konkret sieht das dann so aus: Wer das Lokal betritt, bekommt einen Zettel, auf dem er oder sie notiert, was es zu erledigen gibt. Man schreibt auch, wie lange man dafür Zeit hat. Die wichtigste Regel im Lokal: Wer seine Arbeit nicht erledigt hat, darf nicht gehen. Als Gegenangebot gibt es unbegrenzten Kaffee und Tee in Selbstbedienung sowie High-Speed-Wi-Fi. Die ersten 30 Minuten im Café kosten rund 96 Cent, jede weitere Stunde 2,20 Euro.

Unterschiedliche Überwachungs-Stufen

Insgesamt zehn Menschen können gleichzeitig im Lokal arbeiten. Dort suchen sie sich dann aus, inwieweit die Mitarbeiter des Lokals ihre Arbeitsmoral und Produktivität überprüfen. Dabei gibt es drei unterschiedliche Stufen. Bei der „milden“ Variante fragen die Mitarbeiter bei der Bezahlung der Kunden nach, ob sie ihre Aufgaben erledigt haben. Die „normale“ Variante sieht vor, dass Mitarbeiter jede Stunde vorbeischauen und nachfragen, wie weit man mit seiner Arbeit denn vorangekommen ist.

Für die richtig extremen Prokrastinierer gibt es dann noch die „harte“ Variante. Bei dieser gibt es einen permanenten stillen Druck durch die Mitarbeiter, da diese immer wieder hinter einem auftauchen und schauen, was man gerade macht. (Social Media Tabs werden da wohl immer wieder panisch geschlossen, in der Angst, jemand kontrolliert gerade, ob man auch wirklich arbeitet). Als zusätzliche Motivation gibt es dann auch noch eine Tafel, in der alle Ziele der Gäste aufgehängt werden. Wer sein Ziel erreicht hat, bekommt dazu einen roten Stempel.

Druck als kreative Atmosphäre?

Der Fokus des Cafés liegt übrigens auf dem Schreiben und schriftlichen Abgaben. Vor allem Schriftsteller, Redakteure oder Zeichner sind hier häufige Gäste. Für den Besitzer Takuya Kawai, ist dieser unterschwellige Druck genau die richtige Atmosphäre, um endlich Arbeit zu erledigen. Er ist übrigens selbst Autor.

„Die Leute sagen, dass die Regeln beängstigend sind oder dass es sich anfühlt, als würde man von hinten beobachtet“, erzählt er gegenüber Reuters. „Aber eigentlich bin ich nicht hier, um sie zu überwachen, sondern um sie zu unterstützen … Das Ergebnis war, dass das, wofür sie einen Tag brauchten, in drei Stunden erledigt war, oder dass Aufgaben, die normalerweise drei Stunden dauern, in einer erledigt wurden.“

Wie erfüllend das Gefühl ist, endlich das Prokrastinierer-Dasein hinter sich zu lassen (wenn auch nur für kurze Zeit), betont auch die Besucherin Emiko Sasaki. „Es ist gut, sich auf das Schreiben konzentrieren zu können“, sagt sie. Frei von Ablenkungen durch Social Media und Co hat sie ihre drei dringenden Blogartikel in drei Stunden geschrieben.

Das Konzept scheint also tatsächlich aufzugehen. Denn wie der Besitzer erzählt, ist Emiko nicht die einzige Erfolgsgeschichte. Ganz im Gegenteil: bisher habe jeder Besucher des Manuscript Writing Cafés seine Arbeiten letztendlich erledigt; auch wenn es manchmal ein bisschen länger gedauert hat als erwartet und manchmal auch über die Öffnungszeiten des Cafés hinausging.