Wenns ums sexuelle Verlangen geht, dann sind Männer laut Forschung motivierter als Frauen. Denn haben die mal keine Lust auf Sex, könnte eine relativ simple Erklärung dahinter stecken. Zum Beispiel ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn, wie eine Studie herausfand.

Der Schlüssel zum sexuellen Verlangen ist das Hormon Kisspeptin.

HSDD ist eine Störung des hypoaktiven sexuellen Verlangens

Er will, sie nicht, ist kein Klischee, wie Studien inzwischen bestätigen. Doch was, wenn er einfach keinen Bock auf Sex hat. Dann könnte HSDD, eine Störung des hypoaktiven sexuellen Verlangens, dahinter stecken. Experten vermuten, dass mindestens 10 Prozent der Frauen und rund 8 Prozent der Männer von HSDD betroffen sind. Um mit dieser Störung diagnostiziert zu werden, müssen andere Störungen, die eine Veränderung der Libido verursachen könnten, ausgeschlossen werden. Zum Beispiel erektile Dysfunktion oder vorzeitige Ejakulation bei Männern. Aber auch Depressionen oder Beziehungsprobleme. Ein im Körper vorkommendes Hormon soll HSDD Patienten nun auf die Sprünge helfen.

Dr. Waljit Dhillo, Professor für Endokrinologie und Stoffwechsel am Imperial College London, forscht seit Jahren an der Beziehung zwischen geringem sexuellen Verlangen und dem Hormon Kisspeptin. Kisspeptin ist ein im Körper natürlich vorkommendes Sexualhormon. Es spielt eine Schlüsselrolle bei der Fortpflanzung, beispielsweise trägt es Kinder durch die Pupertät.

Die Sex-Lösung liegt in einem Hormon

„Die Biologie sagt uns, dass hemmende Bereiche im Gehirn verstärkt aktiviert werden – dieselben Bereiche, die uns sagen, dass es nicht in Ordnung ist, nackt in der Öffentlichkeit herumzulaufen – und diese Bereiche schalten das sexuelle Verlangen aus“ so Dr. Dhillo. Seine Lösung: Kisspeptin! „Wir geben ein Hormon, das Ihnen auf natürliche Weise ein gesteigertes sexuelles Verlangen verleiht und im Wesentlichen das normale System entführt“, so Dr. Dhillo.

In seiner 2021 durchgeführten Studie wurde 32 Männern mit diagnostiziertem HSDD das Hormon verabreicht. Dazu besuchten die Teilnehmer sein Labor zweimal. Beide Male wurde ihnen eine Injektion verabreicht. Im Anschluss wurden sie gebeten, Pornos zu gucken, während ihr Gehirn mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) gescannt wurde. Das Gerät konnte den objektiven Erregungsgrad der Probanden feststellen. Dabei wussten weder die Teilnehmer noch die Forscher an welchem Tag in der Injektion das Hormon Kisspeptin oder das Placebo war.

Die Teilnehmer zeigten eine um 56 Prozent höhere sexuelle Reaktion

Die Gehirnscans zeigten einen signifikanten Doppeleffekt nach der Hormon-Injektion, so der Studienleiter. Während sich die Aktivität in den Bereichen des Gehirns, die das Verhalten hemmen, verlangsamte, gewannen all jene Bereiche, die mit sexuellem Interesse in Verbindung stehen. „Als Gruppe hatten die Männer nach dem Kisspeptin eine um 56 Prozent höhere sexuelle Reaktion auf sexuelle Bilder als nach dem Placebo“, so Prof. Dhillo. Nebenwirkungen wurden bei der im Februar in der Zeitschrift JAMA Network Open veröffentlichten Studie keine festgestellt.

Auch wenn die Studienergebnisse noch keine langfristigen Prognosen abgeben kann, wirkt bei vielen Teilnehmern das Hormon noch immer. Das klingt also alles sehr vielversprechend. Ziel ist nun das Hormon in größeren Gruppen (davon hoffentlich auch Frauen) zu wiederholen.