Sie kennt das Leben mit all seinen schönen und hässlichen Seiten: Maria Borges erlebte als Kind den Bürgerkrieg in Angola und läuft heute für die größten Label über den Runway. Ihre Vergangenheit hat sie aber keinesfalls vergessen. Gerade deshalb ist die 26-Jährige trotz ihres Erfolges am Boden geblieben und unser Power Girl am heutigen Woman Crush Wednesday.

Maria Borges wuchs während des Bürgerkriegs in Angola auf

Das Dorf, aus dem sie stamme, sei ziemlich klein, sagt Maria Borges oft, wenn sie von ihrer Kindheit erzählt. Dass sie ruhig war in der Schule und sich am meisten für Naturwissenschaften interessierte. Erst dann – wie nebenbei – erwähnt sie, dass ihr Alltag als Mädchen in Angola im Südwesten Afrikas alles andere als normal war: Borges wächst auf, als dort der Bürgerkrieg tobt. Als sie elf ist, stirbt ihre Mutter; der Vater hat ihre Familie längst verlassen. Wer bleibt, ist Marias ältere Schwester; gerade mal 16 Jahre alt. „Sie hat alle mütterlichen Pflichten übernommen.“ Ein Onkel hilft aus, aber nur, bis ihre Schwester selbst Geld verdienen kann; die beiden wollen das so. „Das hat mich stärker werden lassen“, sagt Maria. Mit 17 nimmt sie an der angolanischen Version des Modelwettbewerbs Elite Model Look teil. Sie gewinnt nicht, aber die Agentur STEP Models wird auf sie aufmerksam und will sie nach Lissabon schicken. „Meine Schwester musste über mein Leben entscheiden. Sollte sie mich reisen lassen, obwohl ich erst 17 war? Am Ende hat sie mir vertraut.“

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„Ich wollte nicht zurück nach Afrika geschickt werden“

Borges kommt in Portugal gut an, also sucht sie eine europäische Agentur. Supreme Management lädt sie ein, Vertrag bekommt sie allerdings keinen. Zuerst will man sehen, ob sie genug Jobs an Land ziehen kann. „Ich konnte nur daran denken, wie weit ich gekommen war. Und dass ich nicht zurück nach Afrika geschickt werden sollte.“ Zu diesem Zeitpunkt spricht sie gerade mal ein paar Brocken Englisch, geht aber zu rund 30 Castings am Tag. Das lohnt sich: Bei ihrer ersten New York Fashion Week wird sie 17 Mal gebucht – und bekommt einen Vertrag mit der Modelagentur. Von da an flutscht ihre Karriere: Sie läuft für Givenchy, Dior und Marc Jacobs und shootet Kampagnen für C&A, Hennes und Mauritz und L’Oreal. Die Adelung zum Topmodel passiert aber nach einem Casting für Victoria’s Secret. Borges trainiert ihren Körper monatelang, um perfekt auszusehen, ist aber unsicher wegen ihrer Haare: Bisher gab es kein Unterwäschemodel mit kurzem Afrohaarschnitt. „Als ich zum Casting ging, stellte ich fest, dass mein Haarstyle keine Rolle gespielt hat. Sie haben nur kommentiert, wie gut mein Body aussieht!“, sagt sie heute noch überrascht.

Heute ist Maria Borges ein gefeiertes Topmodel

Das war 2013, seither wirkt sie jedes Jahr an der Victoria’s-Secret-Fashion-Show mit. „Es fühlt sich gut an, mein Haar beim Modeln so zu lassen, wie es ist, und Mädchen wie mich da draußen zu repräsentieren. Ich will Frauen zeigen, dass alles möglich ist. Du kannst auch mit kurzen Haaren schön sein!“. 2017 der nächste Meilenstein: Die US-Ausgabe der Elle nimmt Borges aufs Cover ihrer Swimsuits-Ausgabe – seit über 20 Jahren das erste Model mit dunkler Haut. „Ich fühle mich so geehrt, dass ich die erste schwarze Frau dieses Jahrhunderts bin, die auf dem Cover der Elle USA zu sehen ist“, jubelt die 25-Jährige auf Twitter. Auch der Kosmetikriese L’Oreal Paris wird auf sie aufmerksam und kürt sie zur neuen Markenbotschafterin. Die Message? Individuelle und starke Frauen, die sich nicht in eine bestimmte Schublade stecken lassen, sind jetzt gefragt. Eine Haltung, die Borges gefällt: „Die Modeindustrie ist für jeden da, unabhängig von Farbe und Rasse. Als ich klein war, sah ich niemanden, der aussah wie ich. Heute können andere Mädchen jemanden wie mich sehen!“ Die Geschichte von Maria Borges mag sich zwar wie ein Märchen lesen, ihr Happy End sieht sie aber nicht (nur) auf dem Runway. „Es ist mir wichtig, künftig Charity-Arbeit in Afrika zu machen. Wann immer ich in Angola bin, besuche ich Waisenhäuser, um den Kindern meine Geschichte zu erzählen, damit sie die Energie haben, weiterzumachen. Und weil ich ihnen zeigen will, dass man für eine Sache kämpfen kann im Leben – auch wenn man keine Mama oder keinen Papa hat.“