Am 20. September sind insgesamt 26 Boote auf der italienischen Insel Lampedusa eingetroffen. Allein am Abend landeten elf Boote mit etwa 300 Flüchtlingen oder Migranten an Bord.

Laut Behörden stellt das einen Rekord dar. Im Flüchtlingslager auf Lampedusa befinden sich mehr als 1.000 Menschen

62 Minderjährige in Lampedusa eingetroffen

Laut Berichten handelte es sich bei den ankommenden Menschen vor allem um tunesische Staatsbürger. Das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ der deutschen Hilfsorganisation Sea Eye erreichte am 20. September die Insel und forderte, in einen Hafen einlaufen zu dürfen. Auf dem Schiff befanden sich 133 Migranten, die bei drei Rettungseinsätzen in Sicherheit gebracht wurden. Darunter waren 62 Minderjährige.

21.417 Geflüchtete sind seit Anfang 2020 über den Seeweg in Italien angekommen. 2019 waren es im gleichen Zeitraum nur 6.543. Die Corona-Pandemie erschwert die Situation in den Flüchtlingslagern. Die Migranten müssen sich zudem nach ihrer Ankunft in eine zweiwöchige Quarantäne begeben.

Erneute Flüchtlingskrise?

Fünf Jahre ist es her, dass die Europäische Union Millionen Flüchtlingen die Ein- und Durchreise ermöglichen musste. Mittlerweile ist diese Zeit allgemein als Flüchtlingskrise bekannt. Es kam zu einem schnellen und großen Zuwachs an Asylwerbern. Überraschend war dieser Anstieg aber nicht. Die Migrationsforschung hatte die Zunahme schon seit Jahren vorhergesagt und als Gründe Bevölkerungswachstum, ökonomische Ungleichheit, niedrige Einkommen, strukturelle Arbeitslosigkeit und langwierige regionale Konflikte genannt. Zu den besonderen Ursachen für die Flucht in die EU gehörten der Bürgerkrieg in Syrien, der Krieg im Afghanistan, die Terrororganisation Islamischer Staat im Irak und Syrien und viel weitere bewaffnete Konflikte und humanitäre Krisen.

Nun sorgen sich europäische Politiker um eine Wiederholung der Ereignisse von 2015. In Griechenland sind die Flüchtlingslager überfüllt. Vor mehr als einer Woche brannte das größte Lager Moria zur Gänze ab. Dadurch wurden nach Angaben der Behörden 12.700 Menschen obdachlos. Bis zum Wochenende wurden rund 9.000 von ihnen in einer provisorischen Zeltstadt auf Lesbos untergebracht. Nun kam es auch auf der Insel Samos zu einem Brand in einem Aufnahmezentrum für Flüchtlinge. Wie das Lager Moria ist auch das Camp auf Samos völlig überfüllt. Statt der vorgesehenen 650 leben dort fast 6.000 Geflüchtete. Die hygienischen Zustände sind daher schlecht, außerdem gibt es immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen und Brände in dem Lager auf Samos.

Welches EU-Land nimmt Flüchtlinge auf?

Schon seit Monaten fordern Kritiker und linke Politiker die Aufnahme von Flüchtlingen aus den griechischen Lagern. Doch fast kein EU-Mitgliedsstaat ist bereits, Asylwerber zu übernehmen. Von Österreich gibt es ein klares „Nein“ zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager Moria. Die Regierung hatte zuletzt angekündigt, sich an der von mehreren EU-Staaten geplanten Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland nicht zu beteiligen. Stattdessen sollen 400 Hilfsunterkünfte, ein Arzt und zehn Sanitäter des Bundesheeres geschickt werden.

Die Niederlande hat sich bereit erklärt, 100 Geflüchtete aus Moria aufzunehmen. Dänemark setzt, ähnlich wie Österreich, lieber auf Hilfe vor Ort. Auch von Schweden gibt es bisher noch keine Zusage, Geflüchtete aufzunehmen. Finnland möchte zumindest einige wenige Minderjährige aufnehmen. In Frankreich kritisiert man hingegen die schwache Reaktion der anderen EU-Länder. Deutschland und Frankreich hatten sich auf Bitten Griechenlands zunächst bereiterklärt, 100 bis 150 unbegleitete Minderjährige aus Moria aufzunehmen. Darüber hinaus sei Frankreich bereit, „Hunderte Flüchtlinge“ aufzunehmen, sagt Europa-Staatssekretär Clément Beaune. Deutschland will 1.553 zusätzliche Flüchtlinge von fünf griechischen Inseln aufnehmen. Darauf haben sich Union und SPD verständigt, wie Vizekanzler Olaf Scholz mitteilte.