Wie schwer kann plastikfrei leben eigentlich sein? Mit unzähligen Zero-Waste-Instagram-Profilen und Influencern konfrontiert, die ein plastikfreies Leben promoten, habe ich mir diese Frage in letzter Zeit immer häufiger gestellt und schließlich beschlossen, es selbst auszuprobieren. Zumindest erstmal für eine Woche, um zu schauen, wie einfach oder schwer es eigentlich ist, ohne Plastikverpackungen und Einwegplastik durch den Alltag zu kommen. Und ich sage euch schon jetzt, einfach ist definitiv etwas anderes. Ich habe mehrere Anläufe gebraucht, um mit diesem Tryout zu starten. Denn was ich nicht bedacht habe: Plastikfrei leben braucht jede Menge Planung, Recherche und Durchhaltevermögen. Und so ist es mir dabei ergangen: 

Plastikfreies Leben: Aller Anfang ist schwer

Ok, irgendwie habe ich mir das Ganze wie gesagt etwas einfacher vorgestellt. Ich dachte, ich muss mich eigentlich nicht allzu intensiv darauf vorbereiten, das wird schon nicht so schwer werden. Falsch gedacht. Denn schon an meinem ersten Tryout-Tag habe ich gleich in der Früh Plastikmüll produziert: Wattestäbchen. Und eigentlich sind auch sonst so gut wie alle Kosmetikartikel, die ich morgens verwende, in Plastik eingepackt. Im Prinzip müsste ich mein ganzes Badezimmer leerräumen und all meine Beauty-Produkte durch neue ersetzen. Viele machen ihre Kosmetik-Produkte deshalb selbst. Aber ich muss zugeben, dafür habe ich einfach keine Geduld und keine Zeit.

Aber gut, ich habe beschlossen langsam anzufangen und beginne, in der Arbeit angekommen, erst einmal zu recherchieren. Gibt es plastikfreie Alternativen zu Wattestäbchen? Und ja, die gibt’s tatsächlich, sogar in einer halbwegs günstigen Variante von einer Eigenmarke von DM. Am Nachmittag steht also ein kleiner Einkauf an. Auch zu den sonst in Plastik verpackten Wattepads, die ich zum Abschminken verwenden, habe ich bereits eine umweltschonendere Alternative gefunden: Waschbare Abschminkpads von Bambusliebe. Die kann man ganz easy zum Abschminken verwenden und einfach in die Waschmaschine geben.

Die nächste Herausforderung kommt an meinem ersten Tag dann beim Mittagessen. Völlig unvorbereitet gehe ich mittags in den Supermarkt. Ich habe Lust auf Salat. Doch ganz so einfach ist das irgendwie nicht. Fast alles ist in Plastik abgepackt: Meine geliebten Avocados, Tomaten, selbst ein Weckerl, das ich mir an der Brottheke holen will, ist in Plastik eingewickelt. Und wieder: Irgendwie habe ich mir das alles einfacher vorgestellt. Ich finde Avocados, die nicht mit Einwegplastik verpackt sind und auch Tomaten, die es ohne Verpackung zu kaufen gibt. Ein bisschen vorbereitet bin ich schon. Zum Glück habe ich nämlich einen Stoffbeutel für das Gemüse mit. Beim Mozzarella wird es dann allerdings schwierig, aber ich kann nicht auf ihn verzichten und nehme die Plastikverpackung in Kauf. Gedankliche Notiz: Herausfinden, wo ich Mozzarella ohne Verpackung kaufen kann.

Nach dem Mittagessen machen ich mich dann also weiter an die Recherche. Ich finde einige Lebensmittelgeschäfte in Wien, in denen man verpackungsfrei einkaufen kann, wie zum Beispiel der Laden „Lieber ohne“ bei mir in der Nähe. Das funktioniert so: Man nimmt seine eigenen Behälter mit und kann sie vor Ort mit den jeweiligen Lebensmitteln auffüllen. Neben Lebensmitteln gibt es dort zum Beispiel auch Zahnbürsten aus Bambus oder Hygiene-Produkte und Putzmittel zum Abfüllen. Auch Fleisch kann dort gekauft werden, allerdings muss man das vorher bestellen. Spontanität fällt bei einem plastikfreien Leben irgendwie weg. Diese Lebensweise ist extrem zeitintensiv, so kommt es mir zumindest mittlerweile vor und das, obwohl ich noch nicht einmal richtig damit angefangen habe. Billiger ist diese Lebensweise auch nicht. Zwar kauft man definitiv weniger Zeug als sonst, allerdings sind viele der Produkte Bio und dadurch einfach teurer.

Ohne Plastik durch den Alltag: Ziemlich anstrengend

Nach meinen kläglichen Versuchen gleich am ersten Tag ohne jegliche Vorbereitung in eine plastikfreie Woche zu starten, bin ich am zweiten Tag schon besser vorbereitet. Ich habe mir plastikfreie Wattestäbchen besorgt, verwende die waschbaren Wattepads, bereite mir ein Frühstück im Glas vor (mit Joghurt aus dem Glas und Früchten, die ich ohne Verpackung im Supermarkt gekauft habe), hole mir zu Mittag ein Menü aus einem veganen Restaurant in der Nähe – eingepackt in einem Papierbehälter. Läuft, denke ich mir. Dann wird mir der zugehörige Salat zum Mitnehmen gereicht und da ist es wieder: Plastik. Der Salat-To-Go ist in einem Becher verpackt. Völlig überfordert mit der Situation zahle ich und gehe. Erst nachher fällt mir ein, dass ich darum bitten hätte können, auch den Salat in einen Papierbehälter zu geben. Aber irgendwie ist man gehemmt. Ich will den Leuten nicht zur Last fallen und für Umstände sorgen. Das ist allerdings etwas, woran man sich bei einem plastikfreien Lifestyle gewöhnen muss: Nervig sein. Außerdem muss ich viel nein sagen: Nein zu Plastiktüten, nein zu Dingen, die ich sonst gerne kaufe und esse, nein zu spontanen Lebensmitteleinkäufen, nein zu Beauty-Produkten, die ich gewohnt bin und ich muss Leute davon überzeugen, Produkte in meine mitgebrachten Behälter zu verpacken. Wie beim Take-Away-Sushi meines Vertrauens. Was mich dabei richtig nervt ist, dass man sich unwohl dabei fühlt, um so etwas zu bitten. Vielleicht geht es auch nur mir so, aber irgendwie ist es mir unangenehm, obwohl ich damit eigentlich etwas Gutes tue und einen positiven Beitrag für die Umwelt leisten will. Die Reaktionen sind leider manchmal alles andere als positiv. Ich denke, da muss ich aber einfach drüber stehen. Alles eine Sache der Einstellung und der Gewohnheit. Schön langsam komme ich jedenfalls in das Ganze rein. Auch im verpackungsfreien Supermarkt war ich bereits einkaufen. Und das Gefühl dort mit den eigenen Behältern aufzutauchen ist ein völlig anderes. Denn dort ist das ganze ja normal. Das Personal ist nett und hilfsbereit und die Produktauswahl vielfältig. Solche Läden vereinfachen den Schritt zu einem plastikfreien Leben ungemein.

Nein zu Plastik: Ein Lernprozess

Eine gute Vorbereitung ist extrem wichtig, das war mir bereits nach dem ersten Tag klar. Ich muss mir vorab überlegen, was ich essen will und wo ich was besorgen kann. Was ich eigentlich kaufen darf und was nicht. Und Schritt für Schritt herausfinden, wo denn eigentlich überall Plastik enthalten ist. Denn nicht nur die offensichtlichen Verpackungen sind aus Plastik, auch in vielen anderen Dingen ist Plastik versteckt, ohne, dass es für das Auge ersichtlich ist. In Kleidung zum Beispiel. Oder in Peelings, in Zahnpasta, selbst in Verpackungen, die scheinbar aus Papier sind. Wie bei Tiefkühlprodukten zum Beispiel. Die Verpackungen sind oft mit einer dünnen Schicht Plastik beschichtet, damit die Lebensmittel nicht durchfetten. Und auch in Kassenbons ist Plastik, wie ich gerade herausgefunden habe. Sie bestehen aus sogenanntem Thermopapier und enthalten den Kunststoff BPA. Papier, das also eigentlich gar nicht in den Altpapiermüll darf, sondern als Restmüll zählt. Auch Konservendosen sind mit Plastik beschichtet und selbst die Deckel von Glasbehältern haben innen eine Kunststoffschicht. Schon langsam setzt der Frust ein. Dinge, von denen ich bislang eigentlich dachte, sie würden kein Plastik enthalten, entpuppen sich plötzlich doch als versteckte Plastikfalle und irgendwie werde ich immer wütender, wie schwer es einem eigentlich gemacht wird, wirklich plastikfrei zu leben. Ich bin froh darüber, dass es zumindest schön langsam zu einem Umdenken in unserer Gesellschaft kommt und zum Beispiel viele Länder in Europa nun Schritt für Schritt beginnen Einwegplastik und Plastiktüten zu verbieten. Es braucht viel mehr Unterstützung von der Politik und den einzelnen Regierungen, um ein plastikfreies Leben problemloser und einfacher gestalten zu können. Bis dahin wird es aber wohl leider noch länger dauern…

Leben ohne Plastik: Mein Fazit

Eines muss ich leider nach dem Versuch, eine Woche plastikfrei zu leben, feststellen: Ich schaffe es einfach nicht. Man muss auf so viele Dinge achten, so viel durchplanen und bedenken – etwas, das neben einem 40 Stunden Job viel Zeit und Nerven kostet und im Moment für mich mehr Stress bedeutet und sich irgendwie auch in meiner Lebensqualität niederschlägt. Klar, das schlechte Gewissen bleibt. Umweltbewusster zu leben und einen positiven Beitrag zu leisten, hat sich schon besser angefühlt, allerdings ist es auch teuer. Lebensmittel sind teurer, Produkte, die in umweltfreundlichen Verpackungen eingepackt sind, sind teurer, Naturkosmetik ist teurer – dieser Lifestyle schlägt sich am Konto durchaus nieder. Allerdings nehme ich nach dieser Woche ein ganz anderes Umweltbewusstsein mit. Ich kaufe bewusster ein und versuche so wenig Plastikmüll wie möglich zu produzieren. Ich verweigere Plastiktüten in Supermärkten und versuche so gut es geht plastikfreie Alternativen zu nutzen, um mein schlechtes Gewissen zu erleichtern. Denn das ist nach dieser Woche definitiv ziemlich groß…