Seit mehr als zehn Jahren mischt Julian le Play in der österreichischen Musikbranche mit. Am 30. Juni erscheint sein bereits fünftes Album „Tabacco“. Wir haben den Musiker zum Interview getroffen und mit ihm über seine Selbstfindung, seinen Hang zur Traurigkeit und ja, auch über seinen Künstlernamen geplaudert.

Außerdem hat er uns verraten, wie ihm sein Style-Change vom Normalo zum Fashion Addict gelungen ist.

Julian le Play über sein neues Album:

Mit seinem Song „Mr. Spielberg“, der 2012 erschienen ist, gelang Julian le Play der Durchbruch. Seither zählt er zu den Großen im österreichischen Musik-Business. Und auch sonst konnte der 32-Jährige die Masse mit Hits wie „Rollercoaster“, „Mein Anker“ und „Hand in Hand“ überzeugen. Jetzt steht sein neues Album in den Startlöchern, mit dem Julian mehr oder weniger einen Neuanfang feiert.

Im Interview erzählt er uns, welche Story hinter „Tabacco“ steckt und wie eine Reise, die sich zu einem spirituellen Trip entwickelt hat, damit zusammenhängt. „Ich war vor zwei Jahren in Mexiko. Nach vier Alben und insgesamt 19 Jahren Musik machen habe ich gemerkt, dass ich immer matter werde und dass mich vieles nicht mehr so wahnsinnig berührt“, gesteht Julian. „Die Art, wie ich Musik gemacht habe, hat langsam begonnen, sich zu wiederholen. Generell habe ich gemerkt, dass mir diese Leichtigkeit fehlt, die ich früher hatte“.

Ein Urlaub in Mexiko hat seine Sicht der Dinge schlussendlich aber verändert. Ein holistisches Resort hat die spirituelle Seite in dem Musiker geweckt. „Ich hab mich dort eigentlich nur einquartiert, weil ich das Hotel nett fand und weil ich dachte: netter Vibe“, erzählt Julian. Doch nach einigen Regentagen hat er sich schließlich doch dazu entschlossen, den einen oder anderen Workshop zu besuchen und sich von Schamanen und Yogis belehren zu lassen. Das ultimative Erlebnis hatte der 32-Jährige dann in einer sogenannten Temazcal. Also eine Art Schwitzhütte, in der man intensiv über sein Leben nachdenkt.

„Da drinnen ist es heiß und man schwitzt und ist halb nackt – das klingt alles sehr weird. Aber mein Auftrag an mich selbst war, mich zu ‚entsteinen'“, so Julian. Die persönliche Challenge, die er schaffen musste: er sollte einen Wunsch an sein Leben mit nur einem Wort formulieren. „Ich hab dann an eine Zeit gedacht, als ich 16 Jahre alt und in Australien war. Damals habe ich mir über so wenig Gedanken gemacht habe. Dieses eine Wort, das mir da in den Sinn gekommen ist, war ‚Picaro‘ – also auf Deutsch Spitzbub. Und ich dachte mir dann, dass ich gerne wieder diesen schelmischen Grinser von früher hätte.“

„Wollte mich durchstreichen“

Inspiriert von der Mexiko-Reise und dem Leben, sind dann nach und nach die neuen Songs entstanden. Für Julian eine Art Neustart „Dieses Album stellt einen ziemlichen Bruch dar. Daran orientiert sich auch das Artwork auf dem Album“, erzählt der Musiker. „Ich habe für mich persönlich gemerkt, dass ich mich durchstreichen will, metaphorisch gesehen“.

Nicht nur musikalisch hat Julian zu sich gefunden, auch Fashion-technisch läuft jetzt einiges anders bei ihm. „Ich habe begonnen, mich mit Mode zu beschäftigen und mir gedacht: ‚hey, ich hab Lust, Dinge auszuprobieren‘. Die Mode hat mich sehr dazu inspiriert, ein neues Selbstverständnis als Künstler zu finden“. Was uns an dieser Stelle natürlich brennend interessiert: woher hat er die Inspo dafür genommen?

„Ich folge einer Stylistin, Annoula Petrides. Sie hat immer wieder Styling für Musikvideos von Cro oder Casper gemacht“, verrät uns der Wiener. Julians Plan: „Ich möchte etwas ändern – mich langweilen meine Outfits. Ich bin irgendwie stecken geblieben, mit 19 Jahren in meinen engen, grauen Indie-Jeans“. Dieses Verändern sah dann so aus: „Wir sind im Marie-Kondo-Style meinen ganzen Kleiderschrank durchgegangen. Sie hat jedes Kleidungsstück in die Hand genommen und gefragt, ob es mich noch mit einer Erinnerung oder Freude erfüllt“. Bei einem klaren Nein kam es auf den No-Haufen, bei einem Ja auf den Yes-Stapel, you know the game!

Fashion-Inspo von Harry Styles bis Falco

Und dann ging’s richtig zur Sache, denn die beiden haben gemeinsam Pinterest-Boards erstellt, die Julian dabei helfen sollten, seinen eigenen, High-Fashion-Style zu finden. „Stark inspiriert haben mich Harry Styles, David Bowie, Falco in seinen Anfangszeiten, aber auch Wes-Anderson-Filme oder Künstler wie Jean-Michel Basquiat“. Das Ergebnis: Glockenhosen, High-Waist-Jeans und Chunky Boots. Kann sich auf jeden Fall sehen lassen, wie wir finden!

Als echter Fashion Addict muss man immer up to date sein und sich mit Trends und Designern auskennen – wir wissen, wovon wir sprechen. „Mittlerweile habe ich erkannt, dass das auch Künstler:innen sind, wie Jacquemus zum Beispiel. Ich bin ein großer Jacequemus Fan – ich liebe die Taschen! Aber auch Gucci ist toll“, schwärmt Julian. Dass das allerdings auch ganz schön teuer werden kann, weiß der Sänger jetzt auch. „Das ist mittlerweile echt zum Hobby geworden und ich hab da auch schon einiges an Geld liegen lassen“, sagt er mit einem Schmunzeln.

„Ich feiere die Traurigkeit“

Was viele Fans an Julian le Play schätzen: seine Art, Songs zu schreiben. Statt platte Reime kreiert der Musiker tiefsinnige Songtexte, die vor allem eines schaffen: sie berühren. „Für mich ist ein Song immer ein Lebensgefühl, wie die Überschrift eines Films“, erzählt Julian. Sein Rezept für das Songschreiben? „Manche Songs passieren mir wirklich komplett spontan, aber bei dem Großteil fällt mir meistens ein Wort auf, das für ein Gefühl steht, mit dem ich etwas machen möchte“.

Apropos Gefühl: irgendwie schafft es der Musiker immer wieder, einen Hauch von Melancholie in seine Songs mit einzubringen. „Ich glaube, ich hab diesen leichten Hang, die Traurigkeit zu feiern“, erklärt er uns. „Melancholie hat vielleicht auch etwas Wienerisches. Dieses ultra-happy-peppy Zeug ist nicht so meins“, stellt er klar.

Wie aus Julian Heidrich Julian le Play wurde

Wer es nicht wusste: der Sänger heißt eigentlich Julian Heidrich, hat sich für seine Musik-Karriere aber einen neuen Nachnamen zugelegt. Bei „le Play“ soll sich der 32-Jährige vom französischen Sozialwissenschaftler Pierre Guilleaume Fréderic Le Play inspiriert haben lassen, wenn es nach Wikipedia geht. Ob er diesen Namen je bereut hat? „Nein. Das bin ich. Ich mache diese ‚le Play Geschichte‘ nicht nur einen Tag die Woche, sondern es begleitet mich schon seit Jahren die ganze Zeit über. Ich bin richtig verschmolzen damit“.

„Habe Bock, auf große Bühnen“

Kürzlich gab es noch einen weiteren Meilenstein in der Karriere von Julian: das Donauinselfest in Wien. Der Musiker spielte vor etwa 80.000 Menschen, die im Chor Texte wie „wenn du willst, nehm ich dich mit auf meinem Rollercoaster“ mitgekreischt haben. Wie sich das für ihn anfühlt? „Geil“, sagt Julian. „Die Frage ist immer, wieso berührt einen das überhaupt so?“. Die einfache Antwort: weil man ruhig auch mal stolz auf das sein kann, was man in mehr als einem Jahrzehnt geschaffen hat.

Darum ist Julian wohl auch gerade an einem Punkt seiner Karriere, an dem er seine Kunst mit möglichst vielen Menschen auf möglichst großen Bühnen teilen will. „Das hätte ich früher nie zugegeben. Aber ich habe Bock auf große Bühnen“.

Viele Musiker:innen haben Rituale vor ihren Shows, die ihnen helfen, sich zu fokussieren und motivieren. Von einer Runde Hochprozentigem bis hin zu einem Schlachtruf ist da alles dabei. Bei Julian plus Band geht es da etwas ruhiger zu. Vor einem Konzert will er vor allem eines: „Ich muss alleine sein. Ich ziehe mich dann meistens komplett zurück. Meistens sogar bis eine Minute vor dem Konzert“, so der 32-Jährige.

Planlos glücklich sein

Zum Schluss sprechen wir noch darüber, wie (un)wichtig es ist, einen festen Plan im Leben zu haben. „Ich fand diese Fragen, wie ‚wo siehst du dich in 15 Jahren‘ immer ganz schrecklich. Da hatte ich dann das Gefühl, dass ich eine Route erschaffe, der ich folgen muss“, so Julian. „Es schreckt mich eher ab, einen Plan zu haben. Ich glaube auch nicht, dass man auf der Welt ist, um einen Plan abzuarbeiten. Sondern einfach schaut, lebt und sich immer wieder neu erfindet“. Wie man sieht, kann das definitiv auch zu Erfolg führen.

Wer noch mehr von Julian le Play sehen will; wir haben den sympathischen Musiker vor eine herausfordernde Challenge gestellt 😉