Es sind der 10. und 11. Femizid in Österreich alleine in diesem Jahr. In einem Einfamilienhaus in Wals in Salzburg sind in der Nacht auf Donnerstag zwei Frauen erschossen worden.

Laut Polizei soll ein 51-Jähriger seine ehemalige Lebensgefährtin und ihre Mutter getötet haben. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen.

Zwei Frauen in Salzburg erschossen

Kurz nach Mitternacht hatten Nachbarn offenbar Schüsse in dem Einfamilienhaus gehört. Ein Zeuge soll die Tat sogar gehört bzw. beobachtet haben und verständigte daraufhin die Polizei. Beim Eintreffen fanden die Beamten zwei tote Frauen im Eingangsbereich des Hauses. Es soll sich dabei um die ehemalige Lebensgefährtin (50) des mutmaßlichen Täters und deren Mutter (76) handeln.

Der Mann aus Salzburg soll die Frau in der Nacht aufgesucht haben. Offenbar kam es zum Streit, woraufhin der 51-Jährige die beiden erschossen haben soll. Danach flüchtete er mit dem Auto. Weil zunächst unklar war, wo sich der Täter aufhält, leitete die Polizei eine Großfahndung ein und durchsuchte Gärten, Häuser und Wälder in der Nähe des Tatorts. Wie der ORF berichtet, soll sich der mutmaßliche Täter kurz nach der Tat via Sprachnachricht bei einer Bekannten gemeldet haben und den Mord gestanden haben. Via Notruf kontaktierte er schließlich sogar selbst die Polizei und gab an, bewaffnet zu sein und sich das Leben nehmen zu wollen. Er flüchtete nach Oberösterreich. Gegen 4:30 in der Früh konnte die Polizei den Mann schließlich im Bereich Abersee am Wolfgangsee festnehmen.

Die Hintergründe der Tat sind derzeit noch unklar. Die Ermittlungen laufen, so ein Sprecher des Landeskriminalamts Salzburg.

11 Femizide in Österreich in diesem Jahr

Es handelt sich damit um den 10. und 11. Mord an einer Frau in diesem Jahr in Österreich. Erst vergangenen Woche hatte ein Mann seine 35-jährige Ex-Freundin im 20. Bezirk in Wien erschossen. Es soll sich bei dem Täter um den „Bierwirt“ handeln. Nur eine Woche davor hatte ein 65-Jähriger nahe St. Pölten seine 64-jährige Lebensgefährtin getötet. Zuvor wurde eine Trafikantin im 9. Bezirk in Wien von ihrem Ex-Partner mit Benzin übergossen und angezündet. Sie erlag kürzlich ihren Verletzungen.

Österreich ist das einzige Land in der EU, in der es mehr weibliche als männliche Mordopfer gibt. Nach dem Mord an einer Frau vergangene Woche reagierte die Politik und es gab ein Gipfeltreffen zum Thema Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen. Die Regierung kündigte daraufhin zusätzliche Mittel an.

Österreichischer Frauenring kritisiert Regierungspaket

Unterdessen kritisiert der Österreichische Frauenring das Maßnahmenpaket der Regierung. Man sehe darin lediglich „Ankündigungpolitik“ und „Pseudomaßnahmen“. Es müssten „sofort alle Alarmglocken läuten und das Thema oberste Priorität haben“, so Klaudia Frieben, die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings. Die Regierung erkenne die Dramatik nicht, so der Vorwurf.

Frauenministerin Susanne Raab zeigt sich auf Twitter „zutiefst betroffen“ von dem neuerlichen Mord an zwei Frauen. Man müsse „alles in unserer Mach stehende tun, um Frauen und ihre Familien vor Gewalt zu schützen“, so Raab.

Was heißt Femizid?

Mit dem Begriff „Femizid“ können nur wenige etwas anfangen. Die Wortschöpfung soll ausdrücken, dass hinter solchen Morden oft keine individuellen, sondern gesamtgesellschaftliche Probleme stecken. „Der Mord an Frauen durch Männergewalt ist Resultat eines strukturellen Problems namens Patriarchat“, hieß es kürzlich in einer Aussendung von „Viva La Vulva“ und dem Kollektiv Kimäre. „Männergewalt ist strukturell“, erklärt Ana Badhofer, Gründerin von „Viva La Vulva“. Sie verwendet bewusst nicht den Begriff „Gewalt gegen Frauen“. „Dieser Begriff ist zu passiv. Hinter Femiziden steckt aber ganz konkret eine toxische Männlichkeit, die unserem System entspringt“, so Badhofer.

Österreich bei Frauenmorden an der Spitze Europas

Wir haben in Österreich tatsächlich ein Problem, wenn es um Männergewalt und Femizide geht. 2018 mit 41 und 2019 mit 39 weiblichen Mordopfern, lag Österreich an der Spitze Europas. 2020 wurden 31 Femizide in Österreich angezeigt. 2018 veröffentlichte die UN-Organisation UNODC eine Studie, die zeigt, dass 2016 fünf von einer Million Frauen in Österreich innerhalb der Familie oder von ihrem Partner ermordet wurden. Männergewalt beginnt aber nicht erst bei Mord. Schätzungsweise ist jede fünfte Frau in Österreich körperlicher und beziehungsweise oder sexueller Gewalt ausgesetzt, jede siebente Frau ist ab ihrem 15. Lebensjahr von Stalking betroffen.


An diese Stellen können sich von Gewalt betroffene Frauen wenden: