In Österreich wird seit 27. Dezember offiziell geimpft. Die Corona-Impfung verläuft in verschiedenen Phasen. Höchste Priorität haben Gesundheitspersonal und Risikogruppen. Impfpflicht gibt es hierzulande keine.

Dennoch fragen sich viele, ob sie der Arbeitgeber zu einer Impfung zwingen kann.

Es herrscht kein Impfzwang

Momentan werden Bewohner sowie Personal von Alten- und Pflegeheimen, Gesundheitspersonal, Hochrisikogruppen und Personen über 80 geimpft. Erst ab dem 2. Quartal 2021 kann die Allgemeinbevölkerung damit rechnen, mit dem Piksen dran zu sein. Während in Teilen Österreichs Aufregung um „Vordrängler“ bei den Corona-Impfungen herrscht, wollen sich einige aber erst gar nicht impfen lassen. Doch wie sieht das am Arbeitsplatz aus? Können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter dazu zwingen, sich impfen zu lassen? Wir haben bei der Arbeiterkammer nachgefragt.

„Nein auf keinen Fall. Eine Impfung ist eine ärztliche Heilbehandlung und darf immer nur mit Zustimmung des oder der Betroffenen erfolgen“, erklärt Silvia Hruska-Frank, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien. Möglich wäre es aber, dass staatliche Behörden eine verpflichtende Impfung für beispielsweise bestimmte Berufsgruppen oder Tätigkeiten vorsehen. „Davon ist aber momentan keine Rede. In den Informationen, die uns auch aus dem Gesundheitsministerium vorliegen, steht das keinesfalls zur Diskussion“, so Hruska-Frank. Vor einem Impfzwang müssen sich Dienstnehmer künftig also wohl nicht fürchten. Man gehe davon aus, dass die Bereitschaft zur Impfung bei Freiwilligkeit wesentlich höher sei.

Die Rechte der Arbeitnehmer

Die Freiwilligkeit der Impfungen wird von den Grundrechten der Arbeitnehmer gedeckt. „Die Rechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, also der einzelnen Personen, werden direkt durch die österreichische Bundesverfassung und teils durch die europäische Menschenrechtskonvention geschützt“, erklärt Silvia Hruska-Frank. Rechtlich sind medizinische Behandlungen ohne oder gegen den Willen eines Menschen ein Eingriff in das Recht auf Privatleben. Dieses Recht ist in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention niedergeschrieben und steht in Österreich im Verfassungsrang.

Doch in Zeiten von Corona spielt auch noch ein anderes Gesetz eine wichtige Rolle: das Epidemiegesetz aus dem Jahr 1950. „Das Epidemiegesetz enthält grundsätzlich die Möglichkeit, dass Gesundheitsbehörden Impfungen verpflichtend vorsehen können. Das betrifft staatliche Gesundheitsbehörden“, erklärt Hruska-Frank von der AK Wien. Arbeitgeber haben diese Möglichkeit aber nicht.

Ein Teil des Gesundheitspersonals in Österreich hat bereits die Corona-Impfung von BioNTech und Pfizer erhalten. Wenn sich aber beispielsweise ein Arzt weigern sollte, ein nach – österreichischer Ausdrucksweise – „Jaukerl“ zu holen, gibt es laut Hruska-Frank momentan keinerlei Konsequenzen zu befürchten. Denn eine wichtige Voraussetzung dafür sei Klarheit darüber, ob geimpfte Personen das Virus weiterhin übertragen können oder nicht: „Meine Arbeitgeberin könnte nur argumentieren, dass sie die Impfung von mir möchte, wenn ich dadurch Dritte wie Patientinnen, Kundinnen oder Kolleginnen vor einer Ansteckung schütze“.

Corona-Impfung verweigert, gekündigt, und dann…?

Noch ist nicht klar, ob die Impfung lediglich den Geimpften vor einem starken Krankheitsverlauf oder auch vor einer Übertragung schützt. Wenn sie tatsächlich auch eine Übertragung verhindert, kann es aber dennoch nicht zu einem Impfzwang kommen. „Auch dann kann ein Arbeitgeber nicht mit einem Rauswurf drohen, wenn man die Impfung verweigert“, so die AK-Expertin. Er könne dann aber eine Versetzung anfordern, etwa in eine Station, in der man keinen direkten Kontakt zu schwerkranken Menschen hat.

Was kann aber passieren, wenn einen der Arbeitgeber in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen kündigt, weil man sich nicht impfen lassen möchte?Wir haben in Österreich ein sehr schwach ausgeprägtes Kündigungsschutzsystem. Es gibt in Österreich keine grundsätzlichen Möglichkeiten, sich gegen eine Kündigung zu wehren., erläutert Hruska-Frank, betont aber, dass es bei einer Entlassung, also einem Rauswurf ohne Frist, anders aussehe: „Eine Entlassung wäre nicht gerechtfertigt.“ Doch bei einer Kündigung muss ein Arbeitgeber in Österreich keinen Grund angeben. Anfechten könnte man diese, wenn bestimmte Gründe gegeben sind, also man beispielsweise begünstigt behindert ist. Alleine jemand, der sich nicht impfen lassen möchte, hat allerdings keinen besonderen Schutz.

Silvia Hruska-Frank von der Arbeiterkammer Wien sieht aber keinen Grund zur Sorge. Sie geht nicht davon aus, dass die Kündigungen aufgrund von Impfverweigerung in den nächsten Monaten ansteigen.