Tausende Bewohner des Flüchtlingslagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos sind nun obdachlos. Das Camp ist nahezu komplett abgebrannt. Wie die Brände entstanden sind, ist bisher noch unklar.

12.700 Menschen leben in Moria.

Flüchtlingslager Moria nach Brand evakuiert

Dienstag, 8. September, kurz vor Mitternacht: Im Flüchtlingslager Moria brach ein Feuer aus, das sich aufgrund von starken Winden weiter ausbreitete. Fast das gesamte Camp, also sowohl die Container im Zentrum als auch die selbstgebauten Zelte, die darum aufgebaut waren, wurden von den Flammen erfasst. Die Leute flüchteten in die umliegenden Olivenhaine. Einige Zeit nach dem Ausbruch des Feuers musste das Lager schließlich evakuiert werden. Viele Menschen versuchten den Flammen zudem in Richtung der nahegelegenen Stadt Mytilene zu entkommen. Die Polizei errichtete daraufhin Barrieren, um zu verhindern, dass die Flüchtlinge in die Stadt gelangen.

Lager fast ausgebrannt

Das Feuer wütete mit fast 70 Stundenkilometern. Laut der griechischen Regierung ist der Brand mittlerweile weitgehend unter Kontrolle. Das Lager ist laut Medienberichten jedoch nahezu vollständig ausgebrannt. Die Flüchtlingshilfsorganisation Stand by Me Lesvos schrieb auf Twitter: „Alles brennt, die Menschen fliehen.“

Insgesamt leben in Moria 12.700 Menschen. Das ist mehr als das Vierfache der eigentlich zugelassenen Belegung. Die Ursache für die Brände ist übrigens noch unbekannt. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis habe für den Vormittag ein Krisentreffen in Athen einberufen, sagte Regierungssprecher Stelios Petsas dem griechischen Rundfunk ERT. Neben dem Migrations- und dem Bürgerschutzminister sollen daran auch der Chef des griechischen Nachrichtendienstes EYP und der Generalstabschef teilnehmen. Man vermute organisierte Brandstiftung, so Petsas.

Mehrere Brände auf Lesbos

Nach Angaben der Feuerwehr waren mehrere Brände innerhalb des Lagers, wie auch in der Umgebung ausgebrochen. Im Westen der Insel gab es zwei Brandherde, die nichts mit dem Lager Moria zu tun haben. Es wurden Löschflugzeuge angefordert, weil die Situation außer Kontrolle geraten war.

Verschärfte Lage durch Corona

Die griechischen Behörden vermuten, dass man das Feuer aus Protest gelegt hatte. Denn vor einer Woche gab es in Moria den ersten Fall einer COVID-19-Infektion. Mittlerweile hat man 35 Personen positiv auf das Virus getestet. Seit dem 2. September dürfen die Lagerbewohner das Camp nicht mehr verlassen. Sie wurden für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt. Manche wurden in Quarantänestationen geschickt. Laut griechischen Medien wollten aber einige Flüchtlinge unbedingt im Lager bleiben und nicht in die Stationen übersiedeln. Das machte wiederum anderen Angst und es kam zu Auseinandersetzungen.

Zudem entschied sich das Migrationsministerium dazu, derzeit keine Flüchtlinge und Migranten von Lesbos aufs Festland zu bringen. So will man vermeiden, die Infektionskette fortzusetzen.

Ärzte ohne Grenzen warnte bereits im Frühling

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen warnte bereits im Frühling, dass sie hygienischen Bedingungen in Moria katastrophal seien. Sie forderte daher die Evakuierung des Lagers, da die Lebensbedingungen idealer Nährboden für eine Corona-Infektion seien. Griechenland hat also gerade mit zwei Krisen zu kämpfen. Flüchtlingskrise trifft auf Corona-Krise.

Doch das ist nicht nur ein Problem für Griechenland. Immer mehr Stimmen fordern die Aufnahme von Flüchtlingen aus den griechischen Lagern. Kritiker werfen der EU vor, Griechenland würde zu wenig Unterstützung bekommen. Die deutschen Politiker Joachim Stamp und Annalena Baerbock etwa. „Es ist erbärmlich, dass die EU so lange zugeschaut hat, bis es in Moria zu dieser Eskalation gekommen ist“, sagte Stamp am Mittwoch. Deutschland hat im Moment die EU-Ratspräsidentschaft inne. „Wenn die EU nicht in der Lage ist, wenige Tausend Migranten menschenwürdig unterzubringen, ist das eine Bankrotterklärung der europäischen Werteordnung“, so Stamp.

Griechenland nicht alleine lassen

Eine Katastrophe in Griechenland würde auch eine Katastrophe für andere EU-Mitgliedstaaten bedeuten. Immerhin ist es nicht nur wichtig, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern, sondern auch der Flüchtlingskrise in Griechenland.