2020 ist ein Jahr, wie wir es noch nie erlebt haben. Die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und politischen Folgen durch das Coronavirus sind schon zu spüren. Ganz absehbar sind sie aber noch nicht. Auch an der Psyche zerrt die Corona-Krise. Und das vor allem bei jungen Menschen.

Denn Jugendliche und junge Erwachsene leiden laut einer Untersuchung der Fakultät für Psychologie der Universität Wien besonders unter der CoV-Dauerbelastung.

Studie zu psychischer Belastung

Geschlossene Betriebe, Gewinneinbußen, Jobverlust, Medien gespickt von schlechten Nachrichten. Die Belastung durch die Corona-Krise wiegt besonders schwer und vor allem besonders lang. Denn noch ist kein Ende in Sicht. Nicht absehbar sind auch die Folgen der Krise für unsere Psyche. Psychologe Claus Lamm und seine Kollegen von der Fakultät für Psychologie der Universität Wien starteten bereits während des ersten Lockdowns in Österreich und vielen anderen Ländern im April mehrere Untersuchungen zu den psychischen Auswirkungen, Wahrnehmungen und Einstellungen. 

Einerseits war dies eine siebentägige Tagebuchstudie in Österreich und Italien mit an die 800 Teilnehmern zum Sozialverhalten in Zeiten der sozialen Distanzierung. Andererseits beteiligte man sich an einer groß angelegten internationalen Untersuchung über Einstellung zu den Maßnahmen, Kooperationsbereitschaft, Risikowahrnehmung, Verhalten oder Glaube an Verschwörungstheorien, die in über 60 Ländern und mit mehr als 35.000 Personen durchgeführt wurde. In Österreich wurde eine repräsentative Stichprobe mit 1.000 Personen befragt.

Corona-Krise besonders belastend für Junge

Wie aus der umfassenden Untersuchung der Fakultät für Psychologie hervorgeht, seien die Österreicher aus psychologischer Sicht grundsätzlich durchaus gut durch den ersten Lockdown gekommen. Bei bestimmten Untergruppen, darunter Erwachsenen zwischen 20 und 30 Jahren, habe man aber „sehr wohl extreme Werte gesehen“, wie Psychologe Claus Lamm sagt.

Denn die Unsicherheiten in der Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt würden sich laut Lamm stärker auf junge Erwachsene auswirken. Zudem seien sie vielfach stärker isoliert als andere. „Junge Menschen, die möglicherweise gerade von zu Hause weggezogen sind, haben vermutlich deshalb eine höhere Belastung gezeigt, weil sie noch über kein stabiles soziales Netz verfügen“, so Lamm.

Gemeinschaftsgefühl ausschlaggebend

Generell sei laut dem Psychologen das Gemeinschaftsgefühl ein zentraler Schlüssel im Umgang mit dem momentan zweiten, abgeschwächten Lockdown. Im ersten Lockdown trug das Gefühl der gesellschaftlichen Verbundenheit dazu bei, dass sich Menschen an die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung hielten. Das zeigen erste Studienergebnisse. In die zweite Auflage gehen viele aber mit mehr Skepsis. Das gesellschaftliche Auseinanderdriften wirkt dem Gemeinschaftsgefühl entgegen.

„Das Gemeinschaftsgefühl nicht zu verlieren, ist – denke ich – eine ganz wichtige Herausforderung“, so Lamm. Die Krise dauert mittlerweile sehr lange an. Hinzu kommt das Gefühl des Nicht-Bescheidwissens und die unübersichtliche Situation. Alls das führe dazu, „dass die Gesellschaft ein Stück weit auseinanderdriftet“. Der „starke Solidaritätsgedanke“ des ersten Lockdowns zerbröckelt stellenweise. Das liege auch daran, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen recht unterschiedlich von den wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen betroffen sind.