Wenn der erste Film gleich zahlreiche Awards einbringt, kann die Zukunft einer Schauspielerin nur gut werden. Wie diese genau aussieht, weiß sie zwar selbst noch nicht – zwei Dinge stehen für Kiki Layne (27) aber fest: „Wir dürfen nicht aufhören, über Ungleichheiten zu sprechen.“ Und: Sie ist gekommen, um zu bleiben. Gut so! Wir haben Kiki Layne zum Interview getroffen. 

Eigentlich erzählt der Film „Beale Street“ (ab 08.03.2109 in den Kinos) ja eine Geschichte, die in den 1970ern spielt. Nichtsdesto­trotz ist die Geschichte des Films nach wie vor aktuell: Das Filmdrama von Barry Jenkins thematisiert die rassistisch motivierte Polizeigewalt in den USA anhand des Liebespaars Fonny und Tish (Kiki Layne). Fonny wird fälschlicherweise der Vergewaltigung beschuldigt. Obwohl er ein Alibi hat und Tish seine Unschuld bezeugen kann, muss er trotzdem ins Gefängnis. Die Rolle der Tish ist Kiki Laynes erste große Filmrolle – und dann wird der Film auch gleich für mehrere Oscars nominiert. Grund genug, die Newcomerin zum Gespräch zu bitten. Dabei merkt man schnell: Ganz begreifen kann sie das alles auch noch nicht. Fast schon bescheiden betont sie während des Interviews immer wieder, dass sie diese oder jene Frage noch nicht beantworten könne – sie stehe doch erst ganz am Anfang. Am Ende des Gesprächs ist aber klar: Das ist der Anfang einer großen Reise.

Gratuliere zu deiner Performance in Beale Street – keine leichte Kost. Der Film lässt einen noch lange nach dem Kinobesuch ­grübeln. Mit welchem Gefühl sollen die Leute deiner Meinung nach den Kinosaal verlassen?

Danke erst mal! (grinst) Ich hoffe natürlich, dass die Leute immer noch voller Liebe und Hoffnung sind, obwohl es eine sehr schmerzhafte, emotionale Geschichte ist. Es wäre schön, wenn die positiven Gefühle das Ganze überstrahlen könnten.

Findest du den Film auch problematisch? Immerhin sprechen wir nicht nur in der #metoo-Bewegung, sondern generell im breiten gesellschaftlichen Diskurs noch immer darüber, dass den Geschichten von Frauen zu wenig Glauben geschenkt wird. Der Film reproduziert genau das.

Ich weiß, was du meinst. Ich würde es aber nicht als problematisch bezeichnen. Natürlich ist es unglücklich, dass diese Geschichte noch immer solch eine Aktualität hat, obwohl sie in den frühen 70ern spielt. Bis heute sehen wir, auf welche Art und Weise Opfer von sexueller Gewalt behandelt werden und Menschen vom Justizwesen im Stich gelassen werden. Das gesamte unfaire Justizwesen hat mich und meine Community in der Vergangenheit im Stich gelassen. Das ist aber gleichzeitig das Tolle an dem Film: Er thematisiert diese Themen ehrlich und hat eine wichtige Message.

Muss Kunst denn immer eine Message haben?

Es muss für mich nicht zwingend eine Message geben, um gut zu sein. Manchmal möchte man etwas Leichtes, Lustiges, Unterhaltsames. Das ist auch völlig legitim. Wir können Kunst aber auf alle Fälle nutzen, um Bewusstsein für bestimmte Themen zu schaffen und notwendige
Diskurse zu starten – eben wie jenen Diskurs über ein faires Justizwesen und Gleichstellung.

Wir feiern aktuell 70 Jahre Menschenrechte. Wie weit sind wir schon gekommen und wie weit müssen wir noch gehen?

Wir sind schon ein Stückchen vorwärts gekommen, haben aber noch einen weiiiiiiten Weg zu gehen. Ich meine: Wir reden immer noch über nicht vorhandene Gleichstellung und es gibt immer noch viel zu viele Gruppen von Menschen, die medial keine Stimme haben.

Viele deiner Schauspielkolleginnen erzählten in Interviews, dass die Filmbranche für Frauen besonders hart sei. Hast du das Gefühl, dass du in gewissen Situationen anders behandelt wurdest, einfach weil du eine Frau bist?

Hmm. Ich weiß nicht. Ich stehe gerade erst am Anfang und habe noch nicht so viel Erfahrung. (lacht) Glücklicherweise starte ich meine Karriere gerade in Zeiten von Bewegungen wie #metoo und #timesup. Es gibt mehr Raum, um unfaire Dinge anzusprechen und darauf aufmerksam zu machen, wie wir in der Vergangenheit falsch behandelt wurden. Ich bin den Frauen, die schon ihre Stimme genutzt haben und auf diese Problematik aufmerksam gemacht haben, unendlich dankbar. Durch sie fühle ich mich in der Branche mehr gehört.

Und abseits der Branche?

Wenn du als schwarze Person in Amerika aufwächst, dann bist du es gewohnt – etwa bei Bewerbungsgesprächen, wo einfach Annahmen über mein Können auf Basis meines Aussehens gemacht wurden. Man gewöhnt sich dran. Falsche Annahmen und Stereotype breche ich dann selbst. Meine Arbeit spricht für sich selbst.

Das tut sie. Du giltst als Favoritin für mehrere renommierte Preise in der Filmbranche. Macht das Druck?

Nicht wirklich. Diese Preise sind nicht der Grund, warum ich das hier mache. Natürlich ist es schön und aufregend. Ich bin auch sehr dankbar, aber ich mache das nicht für die Entscheidungsträger bei Preisverleihungen.

Wessen Meinung ist dir stattdessen besonders wichtig?

Die Wichtigsten sind für mich meine Nichten und Neffen, weil ich da am schnellsten merke, ob ich mit einem guten Beispiel vorangehe. Ich will ihnen vermitteln, dass sie ihre Träume mit harter Arbeit verwirklichen können und nach den Sternen greifen sollen – und dabei respektvoll sein.

Du Tiefstaplerin! Wie hat sich dein Leben verändert, seit du die Rolle bekommen hast?

(lacht) Ich kann noch ganz normal einkaufen gehen. Niemand erkennt mich wirklich, das genieße ich sehr. Ganz ehrlich, das, was sich am meisten verändert hat, ist dieses ganze ‚Fashionzeug‘. Also diese ganzen Marken, die ich plötzlich trage. Aber ansonsten hat sich mein Leben jetzt nicht drastisch verändert. (lacht)

Du hast schon jung mit Schauspielunterricht begonnen, wolltest immer Schauspielerin werden. Ist es jetzt so, wie du dir das vorgestellt hast?

Hmm, das kann ich fast noch nicht sagen. Weißt du, das hier ist mein erster ­richtiger Film. (lacht) Ich will nur nicht in einer Schublade stecken bleiben und immer die gleichen Rollen spielen. Es ist alles noch sehr neu. Ich stehe doch gerade erst am ­Anfang! (lacht)