Die Zeiten, in denen nur Männer ihre Hände bandagierten und die Boxhandschuhe überstreiften, sind eigentlich längst Geschichte. Und trotzdem hält sich das Klischee hartnäckig, dass Boxen eigentlich Männersache ist und Frauen nichts im Ring zu suchen hätten. Aber in der Realität ist genau das Gegenteil der Fall: Immer mehr Frauen entdecken den Boxsport für sich, denn er macht nicht nur wahnsinnig fit, er ist auch noch gut für den Kopf.

Auch ich boxe inzwischen seit knapp drei Monaten und bin extrem begeistert davon. Egal ob ich einen wirklichen Scheißtag hatte oder einfach nur gestresst bin, jedes Mal kann ich mich abreagieren und gehe gut gelaunt aus dem Boxclub.

Boxen: Warum muss sich eine Frau erst beweisen?

Kaum zu glauben, dass Boxerinnen erst seit 2012 bei den Olympischen Spielen teilnehmen dürfen. Für die Frauen ist dieser Sport unglaublich jung. Auch ich wurde ziemlich belächelt, als ich mit meiner Sporttasche um den Hals in den kleinen Boxclub gelaufen kam. Eine Frau war weit und breit nicht zu sehen, nur extrem trainierte Männer, deren Testosteron ihnen schon ins Gesicht geschrieben stand. Ich wusste, was sie alle dachten: Was will die denn hier? Ich ließ mich aber nicht entmutigen, verschwand kurz in der Umkleide und war sofort bereit, den Männern zu zeigen, dass auch ich boxen kann.

Angefangen hat das Training wie man es sich vorstellt: Drei Runden drei Minuten Seilspringen. Ein ziemlicher Heimvorteil für mich, da ich darin schon immer recht gut gewesen bin. Danach musste ich allerdings erstmal die Boxtechnik lernen und die einzelnen Schritte. Während ich 20 Minuten langsam vor, zurück, nach rechts und nach links ging, kam ich mir dann doch etwas verloren vor. Zum Glück ging es danach an den Sandsack und ich konnte mich richtig auspowern. Schon lange hatte ich nicht mehr so geschwitzt und war so fertig nach einem Training. Aber wie ich schnell feststellte, war das längst noch nicht das Ende und weitere Kraftübungen folgten. Unzählige Liegestütze, Sit-ups, Kniebeugen und Rückenübungen. Alle Blicke ruhten auf mir, wann ich denn endlich aufgeben würde. Als ich dann aber mehr als 10 Liegestütze schaffte, was für Männer ja scheinbar irgendwie die magische Grenze für Frauen ist, hatte ich mir endlich ihren Respekt verdient und sie nickten mit anerkennend zu. Aber warum musste ich mir eigentlich erst ihre Anerkennung verdienen? Warum belächeln Männer eine Frau, die Boxen möchte?

Frauen sollten ernst genommen werden, wenn sie boxen

Erzähle ich in meinem Freundeskreis, dass ich boxe, ist es leider oft das Gleiche. Klar gibt es einige Bewunderungen, aber es gibt auch immer wieder diese abwertenden Sätze: „Ja eh, du machst halt Fitnessboxen.“ oder „Ja in der abgeschwächten Variante schaffen dieses Training auch Frauen.“ Solche Sätze machen mich unglaublich wütend. Nein, ich betreibe kein Fitnessboxen, ich gehe auch in den Ring und nein, ich trainiere nicht in der abgeschwächten Variante. Ich absolviere das gleiche Training wie die Männer und nicht eine für mich zugeschnittene Variante. Klar, eine Frau hat andere körperliche Voraussetzungen, das heißt aber nicht, dass sie nicht genauso stark und genauso viel Willenskraft besitzen kann, um ein hartes Training durchzuziehen. Und die Aussagen, dass ich es nur für meine Figur mache, kann ich auch nicht mehr hören. Ja, Boxen ist unheimlich anstrengend, du verbrennst wahnsinnig viele Kalorien und du brauchst jeden einzelnen Muskel in deinem Körper, aber hauptsächlich boxe ich, weil es mir einfach Spaß gemacht. Dass ich dabei fit werde, ist, wie bei jeder anderen Sportart, ein gesunder Nebeneffekt. Aber in erster Linie sollte Sport aus Spaß betrieben werden. Und Männer sollten akzeptieren, dass es heutzutage keine klassischen Männer- und Frauensportarten mehr gibt.