Wir planen, wir tragen Termine in unseren Kalender ein und wir schreiben To-Do-Listen. Wir alle haben eine ungefähre Vorstellung davon, wie unsere Zukunft aussehen soll. Aber was ist eigentlich mit der Gegenwart? Wieso genießen wir fast nie das „Hier und Jetzt“?

Zeitmangel, Stress und Müdigkeit können uns davon abhalten, den Moment zu genießen. Das muss aber nicht sein.

Ein Tag im Park

Vor Kurzem war ich mit meiner Familie im Park. Zwar hatte der Wetterbericht Regen angesagt, aber weil schon in der Früh die Sonne schien, wollten wir den Tag so gut es geht nützen. Ich wusste die Zeit mit meiner Familie seit Beginn der Pandemie noch mehr zu schätzen als zuvor. Trotzdem ertappte ich mich immer wieder dabei, wie die Zeit verging und ich sie nicht wirklich bewusst genoss.

So war es auch bei diesem Ausflug im Park. Eigentlich war alles perfekt: Ich hatte kein großes Projekt, über das ich mir Gedanken machen musste, keine Abgabe, die drohte, aufgeschoben zu werden und auch sonst keine Sorgen. Die Sonne war zum ersten Mal seit dem langen Corona-Winter endlich wieder so richtig stark. Ich hatte ein Bier in der Hand und saß auf einer Picknick-Decke vor einem Schlossteich, auf dem sich kitschig und plakativ ein einzelner Schwan treiben ließ. Mein Neffe spielte im Gras und meine kleine Nichte freute sich über ein Cornetto-Eis mit einem breiten Grinsen, wie man es sonst nur aus Comic-Büchern kennt. Auf solche Tage freute ich mich eigentlich meistens, wenn der Alltagsstress unter der Woche zu viel wurde. Und dennoch war ich mit den Gedanken woanders und ertappte mich dabei über die kommende Woche zu grübeln und eine Spirale an negativen Gedanken zu spinnen.

Voll und ganz im Moment leben

Und während ich auf dieser Decke saß und im Hinterkopf an meine Zukunft dachte, erzählte mir meine Schwägerin, dass mein dreijähriger Neffe nie etwas aus dem Kindergarten erzählen würde. Und während seine beste Freundin immer todunglücklich sei, wenn er einen Tag einmal fehlt, wäre es ihm ziemlich egal, wenn seine Freunde einmal nicht da sind. Er scheine nie jemanden zu vermissen. „Er fragte auch im Lockdown nie nach jemanden“, wunderte sie sich.

Mein Neffe spielte währenddessen neben uns Pirat und war quietschvergnügt, doch als wir uns auf den Heimweg machten, jammerte er: „Nein. Ich will nicht nach Hause. Ich möchte jetzt noch mit den anderen hier Spaß haben“. Mit „anderen“ meinte er wohl seine andere Tante, seinen Onkel und mich. Da ich – natürlich ganz objektiv betrachtet – meinen dreijährigen Neffen für ein Genie halte, brachte mich diese Situation zum Nachdenken. Vielleicht würde dieser kleine Knirps nie nach etwas fragen, was nicht gerade ist, weil er einfach voll und ganz im Moment lebte?

Vielleicht genoss er die Gegenwart so sehr, dass ihm Vergangenes komplett egal war. Dass ihn die Zukunft nicht scherte, lag vermutlich eher daran, dass er drei Jahre alt war. Dennoch nahm ich mir in diesem Moment vor, ein Beispiel an meinem Neffen im Kindergarten-Alter zu nehmen und mich weniger um das zu scheren, was nicht gerade ist.

Das „Hier und Jetzt“ genießen, statt über das „Morgen zu grübeln

Ich war eigentlich immer schon ein Mensch, der gerne einen großen Plan hatte. Und neben diesem großen Plan gab es dann noch zehn kleinere Neben-Pläne, unzählige To-Do-Listen und zur Absicherung noch Pläne B, C und D. Ich war nie jemand, der einfach von Moment zu Moment lebte, nur um zu sehen, wo es mich hintreibt. Immer wieder lief ich irgendeinem Ziel nach – in der Annahme, wenn ich dieses erst einmal erreicht habe, würde ich endlich zur Ruhe kommen, glücklich sein und im „Hier und Jetzt“ leben können. Diesem Gefühl des Ankommens und der inneren Ruhe strebte ich schon immer nach. Nur blöd, dass ich – erst einmal angekommen – schon wieder einem nächsten Punkt auf meiner Liste nacheiferte. Das „Hier und Jetzt“ zu genießen war zwar auch Teil meines Plans, wurde von mir aber immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, damit ich mehr Zeit hatte über das „Morgen“ zu grübeln.

Und so nahm ich mir an diesem Tag im Park vor, etwas weniger über die Zukunft zu grübeln und etwas mehr das „Hier und Jetzt“ zu genießen, und zwar egal in welcher Lebensphase ich mich befinden würde und egal, wie viel noch auf einer meiner To-Do-Listen stehen würde. Ich wollte einfach wieder ein bisschen mehr wie ein dreijähriges Kind sein.