Für Hinterbliebene ist ein ungeklärter Mordfall ihrer Liebsten wohl eines der schlimmsten Schicksale. Dass manche Fälle auch Jahrzehnte später noch gelöst werden können, zeigt jetzt der Fall der Amerikanerin Patricia Barnes.

Die Frau wurde 1995 ermordet.

Ungelöster Mordfall aus 1995 wird neu aufgerollt

Am 25. August 1995 entdeckt ein Passant die Leiche der 61-jährigen Patricia Barnes. Die Frau liegt nur mit einem dunklen Schlafsack verdeckt am Straßenrand in Washington. Zwei Schüsse hinter dem Ohr hatten sie getötet. Ein Fall, der den Ermittlern viele Rätsel aufwirft. Denn sie vermuten schnell, dass die Leiche dort abgelegt wurde.

„Es gab eine Menge Zweige und Blätter, die sehr fehl am Platz aussahen, als sie zusammen mit ihrer Leiche entsorgt wurden“, erklärt Detective Mike Grant gegenüber dem „People“-Magazin. Unter den Beweismitteln sind auch drei Zigarettenstummel, die die Ermittler finden.

Doch weder ein Motiv, noch ein möglicher Täter lassen sich erkennen. Nur ein einziger Zeuge erzählt von einem möglichen Tathergang. Denn nachdem Patricias Wohnung bei einem Brand stark beschädigt wurde, lebt sie kurz vor ihrem Tod in einer Notunterkunft in Seattle.

Ein Passant bekommt in der Innenstadt dann ein Gespräch zwischen Patricia und einem Mann mit. „[Der Zeuge] sah nur ihre erste Begegnung und hatte den Eindruck, dass sie sich vielleicht irgendwie kannten“, erklärt der Detective. Viel mehr lässt sich zunächst nicht herausfinden; auch ein Phantombild bringt keine weiteren Hinweise, weshalb die Beamten den Fall in den 90ern ad acta legen.

Zigarettenstummel enthüllt DNA des Täters

Erst mehr als 20 Jahre später beschließen Ermittler ihn wieder aufzurollen. Denn 2018 widmet sich die zuständige Behörde den sogenannten „Cold Cases“ – also den bisher ungelösten Fällen. Im Falle von Patricia stechen vor allem die Zigarettenstummel ins Auge der Ermittler, die diese zu einer DNA-Analyse schicken.

„Die Ermittler haben bei der Untersuchung des Tatorts hervorragende Arbeit geleistet und sind sehr sorgfältig vorgegangen. Das hat sich wirklich ausgezahlt. Ohne die Arbeit, die sie geleistet haben, wäre der Fall leicht ungelöst geblieben“, erklärt Grant

Denn Teil der Zigarettenstummel-Analyse war auch eine „forensische Genomsequenzierung und der Einsatz von forensischer Genealogie, bei der genealogische Datenbanken nach genetischen Verwandten des bekannten Profils durchsucht wurden“, erklären die Ermittler. Und eben diese Genealogie bringt bei einem Zigarettenstummel auch ein Ergebnis, das für Detective Grant „extrem vielversprechend“ war.

Vielversprechend, weil eben dieser Mann Verbindungen nach Seattle hatte; dem letzten Wohnort von Patricia „und er hatte hier eine kriminelle Vergangenheit. Es war nicht irgendeine Person, die in den neunziger Jahren in Florida lebte“, erklärt Grant. Der Ermittler erfährt wenig später die Adresse des Mannes – und auch, dass dieser 2016 verstorben ist. „Er starb durch einen Stromschlag, was ein Unfall war“, sagt Grant.

Familie ist dankbar für Auflösung des Mordfalls

Doch damit ist seine Untersuchung nicht beendet. Denn mithilfe einer Blutprobe der Autopsie kann er letztlich genau abgleichen, ob der Mann tatsächlich Patricias Mörder ist. Und die Probe bestätigt seine Annahme.

Aufgrund der kriminellen Vergangenheit des Täters – er hatte unter anderem Raubüberfälle und Entführung in seiner Akte – vermuten die Behörden, dass es sich bei Patricias Ermordung um ein tragisches zufälliges Aufeinandertreffen handelte und keine geplante Tat.

Für Patricias Familie ist die Mordfall-Aufklärung nach 26 langen Jahren eine Erleichterung. Detective Grant schildert ihre Reaktionen als „geschockt“, betont aber, dass sie nach fast 30 Jahren der Ungewissheit sehr dankbar für die Aufklärung waren.