Es ist ein schockierender Fall, der gerade im US-amerikanischen Iowa sein vorläufiges Ende gefunden hat. Denn nachdem eine Frau ihren mutmaßlichen Vergewaltiger erstochen hat, muss sie jetzt 150.000 Dollar zahlen.

Ihr drohte sogar eine noch härtere Strafe.

Frau ersticht ihren mutmaßlichen Vergewaltiger

Die Geschichte der 17-jährigen Pieper Lewis ist eine ziemlich tragische. Mit nur 15 Jahren floh sie aus ihrem eigenen Zuhause, um von ihrer missbräuchlichen Adoptivmutter wegzukommen, sagt sie. Da sie kein eigenes Zuhause, keinen Job oder Geld hatte, schlief sie auf dem Gang eines Wohnhauses, um ein Dach über dem Kopf zu haben.

Dort lernte sie angeblich einen 28-jährigen Mann kennen, der sie bei sich aufnahm. Jedoch mit einem grauenvollen Hintergedanken. Denn der Mann verkaufte die junge Frau an andere Männer und zwangsprostituiert sie. Pieper wurde das Opfer von Menschenhandel und musste einige Vergewaltigungen über sich ergehen lassen. Einer der Männer, der sie vergewaltigt haben soll, ist der 37-jährige Zachary Brooks. Er habe sie mehrfach vergewaltigt, sagt die 17-Jährige. Jener Mann, der sie bei sich aufgenommen und dann verkauft hatte, zwang das Mädchen, in die Wohnung des 37-Jährigen zu gehen und drohte ihr mit einem Messer. Als es dann erneut zu einer Vergewaltigung kam, griff sich Pieper ein Messer, das auf dem Nachttisch lag, und stach auf ihn ein.

Mit mehr als 30 Stichen wurde der Mann von dem Mädchen getötet. Für eben diesen Mord, der bereits 2020 stattfand, wurde Pieper jetzt verurteilt. Und zwar zu fünf Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe. 150.000 Dollar soll sie der Familie des Mannes – also seiner Frau und seinen Kindern – bezahlen.

„Das Gericht hat keine andere Möglichkeit“

Das Besondere an dem Fall: Das Urteil ist sogar eine Erleichterung der Strafe. Denn eigentlich drohten dem Mädchen ganze 20 Jahre Gefängnis. Schließlich hatte sie sich vor Gericht des Totschlags und der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig bekannt. „Ich habe einem Menschen das Leben genommen“, erklärte sie. „Meine Absichten an diesem Tag waren nicht, einfach loszugehen und jemandem das Leben zu nehmen. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht sicher war und mich in Gefahr befand, was zu der Tat führte. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ein Verbrechen begangen wurde.“

Doch für die Staatsanwaltschaft sieht die Sache ein bisschen anders aus. Denn weil der Mann schlief, als er getötet wurde, bestand in ihren Augen keine unmittelbare Gefahr für das Mädchen. Dennoch bestreitet die Staatsanwaltschaft nicht, dass die heute 17-Jährige das Opfer von Menschenhandel war und sexuell missbraucht wurde.

Erst durch die jetzt abgeschlossene Berufung wurde das Urteil deutlich minimiert und der Staatsanwalt entschied sich für fünf Jahre auf Bewährung und verpflichtende 1.200 Stunden gemeinnützige Arbeit. Dass Pieper jetzt Geld zahlen muss, liegt laut Medienberichten an einem Gesetz in Iowa, dass eine Entschädigung bei einer Ermordung vorsieht. „Das Gericht hat keine andere Möglichkeit“, erklärt auch der zuständige Bezirksrichter David M. Porter. Sollte Pieper jedoch gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen, drohen ihr 20 Jahre Gefängnis.

Spendenaufruf soll Geldstrafe der Frau übernehmen

Das Geld muss Pieper aber nicht selbst bezahlen. Denn ein ehemaliger Lehrer des Mädchens hat eine GoFundMe-Kampagne gestartet, um die Kosten durch Spenden zu finanzieren.

„In Iowa gibt es ein Gesetz, das besagt, dass jeder, der wegen der Tötung einer Person verurteilt wird, unabhängig von den Umständen, der Familie dieser Person 150.000 Dollar zahlen muss. Dieses Gesetz soll den Familien, die ihre Angehörigen verloren haben, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Im Fall von Pieper muss sie jedoch 150.000 Dollar an die Familie eines Mannes zahlen, der Piepers fünfzehnjährigen Körper von einem Sexhändler gekauft, ihr Drogen und Alkohol gegeben und sie dann wiederholt vergewaltigt hat“, schreibt der Lehrer in dem Spendenaufruf. „Ein Kind, das vergewaltigt wurde, sollte unter keinen Umständen der Familie des Vergewaltigers Geld schulden.“

Das sehen offenbar viele genauso. Denn mittlerweile wurden mehr als 450.000 Dollar gesammelt. Das restliche Geld soll „finanzielle Hindernisse für Pieper beseitigen, damit sie ein College/eine Universität besuchen oder ihr eigenes Unternehmen gründen kann [und] Pieper die finanziellen Möglichkeiten geben, Wege zu finden, anderen jungen Opfern von Sexualverbrechen zu helfen“, heißt es in dem Aufruf.